Kurze Unterbrechung...
Heute musste ich meinen REHA-Aufenthalt kurz unterbrechen, weil die Budgetsitzung im Landtag stattfand. Das allein hätte allerdings als Grund noch nicht ausgereicht. Verabschiedet wurde heute Kultur- und Gesundheitslandesrat Dr Hans-Peter Bischof, der dieses Amt vierzehn Jahre lang bekleidet hatte. Ich habe vehement darauf bestanden, dazu eine Rede zu halten. Diese nämlich:
Bischof-Verabschiedung (pdf, 45 KB)
War mir sowohl ein persönliches wie auch politisches Anliegen.
Deshalb bin ich hingegangen - und jetzt wieder zurück in der Abgeschiedenheit.
Gut so.

Bischof-Verabschiedung (pdf, 45 KB)
War mir sowohl ein persönliches wie auch politisches Anliegen.
Deshalb bin ich hingegangen - und jetzt wieder zurück in der Abgeschiedenheit.
Gut so.

rauch - 13. Dez, 19:16
testsiegerin - 13. Dez, 19:50
das hast du schön geschrieben.
zweimal hast du "sie" irrtümlich klein geschrieben. aber ich denke, das hat niemand gehört.
zweimal hast du "sie" irrtümlich klein geschrieben. aber ich denke, das hat niemand gehört.
rauch - 13. Dez, 22:02
stimmt!
hat niemand gehört!
danke für den hinweis. ich bin ein perfektionist - ein fehler, ich weiss, - aber so iss es halt!für diese rede gilt allerdings: seele schlägt grammatik und rechtschreibung. fast wie im richtigen leben.
danke für den hinweis. ich bin ein perfektionist - ein fehler, ich weiss, - aber so iss es halt!für diese rede gilt allerdings: seele schlägt grammatik und rechtschreibung. fast wie im richtigen leben.
Yellowfish - 13. Dez, 20:28
Klimawandel
Hallo Johannes,
anbei eine Gutenachtgeschichte: sommerliche Weihnachten auch ohne Klimawandel…
Das Weihnachtsfest des alten Schauspielers Nesselgrün
Mynona (Salomo Friedlaender)
Am 21. August 1910 wurde der bejahrte Schauspieler Giselher Nesselgrün so sentimental, wie er es sonst nur Weihnachten war, und mit einer von der Theatromanie begünstigten Einbildungskraft versetzte er sich in eine so festliche Stimmung, daß er beim Gärtner ein Tannenbäumchen erstand und alles irgend Nötige zur Ausschmückung und gehörigen Bescherung einkaufte. „Das ist doch geradezu lächerlich“, knurrte er, „die Feste zu feiern wie sie fallen! Die Natur ist nur eine Art unbequemes Theater mit unübersehbarer Regie – ach! und mit lumpiger Gage. Corrigeons la nature!“ Gegen Abend entzündete Nesselgrün die ganze Pracht, seine Phonograph ließ einen herrlichen Choral ertönen. Der alte Herr schellte, seine Wirtin kam und geriet über das Ungewöhnliche in einige Besorgnis. „Ihre Kinderchen, bitte!“ rief der alte Herr. „Ja, aber Herr Nesselgrün, mit Weihnachten hat es doch noch Zeit – fühlen Sie sich wohl?“ – „Ich danke, Frau Julke, also bitte, die Kinder!“ Die Kinder erschienen, von Frau Julke ängstlich behütet, zwei Buben, ein noch ganz kleines Mädchen. Sie brachen in ein grässliches Halloh aus, als im Moment ein kleines Tischfeuerwerk losprasselte und abbrannte. Frau Julke seufzte und fuhr mit der Hand nach dem Herzen. Dann sagte sie: „Mir freut es gewiss, Herr Nesselgrün, wenn Sie meine Kinder so’ne Überraschung machen – das muss ich Sie aber doch sagen: so alt als wie ich geworden bin“ –
„Julke!“ unterbrach sie der alte Herr streng. „Sie verstehen nichts von Regie, und ihr Kaffee schmeckt wie Langeweile mit Ekel drin – jehn Sie hinter die Kulisse, das rate ich Ihnen!“ Die Kinder weinten, Frau Julke riss sie aus dem Zimmer und schlug die Tür hinter sich zu. „Eine schlimme Weihnacht“, brummte Giselher. Er sah aus dem Fenster, weil es ihm unten nicht geheuer schien. Eine Menge Menschen starrten zu ihm hinauf, unter ihnen stand Frau Julke, gestikulierte stark und hielt eine Rede. Die Leute lachten und johlten. Giselher stellte den Phonographen ins Fenster. „Stille Nacht, heilige Nacht“ ertönte es in den Lärm hinein. Die Leute führten jetzt vor Vergnügen wahre Veitstänze auf. Nesselgrün wurde wütend:“ Das Spiel ist vortrefflich“, schrie er hinunter, „die Regie bewährt sich vollkommen. Dass das Publikum aus der Rolle fällt und den dürftigen prosaischenUmstand, dass heute außerhalb unseres Spiels Ende August ist, nicht vergisst“ – mit eins entstand unten tiefe Stille, alles hielt den Atem an, unwillkürlich gefesselt – „dass das Publikum“, fuhr Nesselgrün ingrimmig fort, „nicht so viel Illusionskraft hat, sich im Sommer den Winter vorzustellen, kommt mir bedenklich vor. Es ist ein Mangel an künstlerischer Kraft. Müsst ihr immer erst ins Theater gehen, Leute, oder auf Traum und Fastnacht, auf Rausch und Irrsinn warten, ehe ihr so kühn werdet, die Natur zu dirigieren? Ist nicht Weihnachten ein so schönes, erquickliches Fest, dass man es mindestens einmal in jedem Monat feiern sollte? Glaubt mir altem, ausgedienten Manne!“ Damit schleuderte er Konfetti und künstlichen Schnee auf die Straße, und in einem Nu steckte er das kindliche Volk mit seiner Begeisterung an. Die allezeit zu Scherz, Fest und Freude aufgelegte Jugend riss die Eltern mit sich fort. Alle Gärtnerläden wurden geplündert. Bald flammten Lichtbäume an allen Fenstern; man sang heilige Lieder. Der kleine Ort war die ganze Nacht hindurch voller Fröhlichkeit. „Es ist der schönste Erfolg, den jemals ein Schauspieler errungen hat!“ seufzte Nesselgrün. „Da leben sie nun, ganz in meine Illusion gehüllt. Ach! Aber wer andere hineinversetzen will, darf selber nicht darin sein.“ Er zog seinen Schlafrock eng um seine alten Glieder. „Frau Julke!“ brüllte er. Die Frau steckte ihre Nase durch die Tür. „Welches Datum haben wir heute?“ – „Außerhalb oder sonstwo?“ replizierte die Julke. Nesselgrün lachte: „Sehen Sie, Frau Julke“, belehrte er sie, „dem Theater gegenüber muss man vorsichtig sein. Wäre die Regie noch besser gewesen, dann hätte es heute auch außerhalb geschneit.“ „O du mein Gott“, jammerte die Julke, „Sie machen alle Welt verrückt. Einen vons Theater nehme ich nie wieder!“
anbei eine Gutenachtgeschichte: sommerliche Weihnachten auch ohne Klimawandel…
Das Weihnachtsfest des alten Schauspielers Nesselgrün
Mynona (Salomo Friedlaender)
Am 21. August 1910 wurde der bejahrte Schauspieler Giselher Nesselgrün so sentimental, wie er es sonst nur Weihnachten war, und mit einer von der Theatromanie begünstigten Einbildungskraft versetzte er sich in eine so festliche Stimmung, daß er beim Gärtner ein Tannenbäumchen erstand und alles irgend Nötige zur Ausschmückung und gehörigen Bescherung einkaufte. „Das ist doch geradezu lächerlich“, knurrte er, „die Feste zu feiern wie sie fallen! Die Natur ist nur eine Art unbequemes Theater mit unübersehbarer Regie – ach! und mit lumpiger Gage. Corrigeons la nature!“ Gegen Abend entzündete Nesselgrün die ganze Pracht, seine Phonograph ließ einen herrlichen Choral ertönen. Der alte Herr schellte, seine Wirtin kam und geriet über das Ungewöhnliche in einige Besorgnis. „Ihre Kinderchen, bitte!“ rief der alte Herr. „Ja, aber Herr Nesselgrün, mit Weihnachten hat es doch noch Zeit – fühlen Sie sich wohl?“ – „Ich danke, Frau Julke, also bitte, die Kinder!“ Die Kinder erschienen, von Frau Julke ängstlich behütet, zwei Buben, ein noch ganz kleines Mädchen. Sie brachen in ein grässliches Halloh aus, als im Moment ein kleines Tischfeuerwerk losprasselte und abbrannte. Frau Julke seufzte und fuhr mit der Hand nach dem Herzen. Dann sagte sie: „Mir freut es gewiss, Herr Nesselgrün, wenn Sie meine Kinder so’ne Überraschung machen – das muss ich Sie aber doch sagen: so alt als wie ich geworden bin“ –
„Julke!“ unterbrach sie der alte Herr streng. „Sie verstehen nichts von Regie, und ihr Kaffee schmeckt wie Langeweile mit Ekel drin – jehn Sie hinter die Kulisse, das rate ich Ihnen!“ Die Kinder weinten, Frau Julke riss sie aus dem Zimmer und schlug die Tür hinter sich zu. „Eine schlimme Weihnacht“, brummte Giselher. Er sah aus dem Fenster, weil es ihm unten nicht geheuer schien. Eine Menge Menschen starrten zu ihm hinauf, unter ihnen stand Frau Julke, gestikulierte stark und hielt eine Rede. Die Leute lachten und johlten. Giselher stellte den Phonographen ins Fenster. „Stille Nacht, heilige Nacht“ ertönte es in den Lärm hinein. Die Leute führten jetzt vor Vergnügen wahre Veitstänze auf. Nesselgrün wurde wütend:“ Das Spiel ist vortrefflich“, schrie er hinunter, „die Regie bewährt sich vollkommen. Dass das Publikum aus der Rolle fällt und den dürftigen prosaischenUmstand, dass heute außerhalb unseres Spiels Ende August ist, nicht vergisst“ – mit eins entstand unten tiefe Stille, alles hielt den Atem an, unwillkürlich gefesselt – „dass das Publikum“, fuhr Nesselgrün ingrimmig fort, „nicht so viel Illusionskraft hat, sich im Sommer den Winter vorzustellen, kommt mir bedenklich vor. Es ist ein Mangel an künstlerischer Kraft. Müsst ihr immer erst ins Theater gehen, Leute, oder auf Traum und Fastnacht, auf Rausch und Irrsinn warten, ehe ihr so kühn werdet, die Natur zu dirigieren? Ist nicht Weihnachten ein so schönes, erquickliches Fest, dass man es mindestens einmal in jedem Monat feiern sollte? Glaubt mir altem, ausgedienten Manne!“ Damit schleuderte er Konfetti und künstlichen Schnee auf die Straße, und in einem Nu steckte er das kindliche Volk mit seiner Begeisterung an. Die allezeit zu Scherz, Fest und Freude aufgelegte Jugend riss die Eltern mit sich fort. Alle Gärtnerläden wurden geplündert. Bald flammten Lichtbäume an allen Fenstern; man sang heilige Lieder. Der kleine Ort war die ganze Nacht hindurch voller Fröhlichkeit. „Es ist der schönste Erfolg, den jemals ein Schauspieler errungen hat!“ seufzte Nesselgrün. „Da leben sie nun, ganz in meine Illusion gehüllt. Ach! Aber wer andere hineinversetzen will, darf selber nicht darin sein.“ Er zog seinen Schlafrock eng um seine alten Glieder. „Frau Julke!“ brüllte er. Die Frau steckte ihre Nase durch die Tür. „Welches Datum haben wir heute?“ – „Außerhalb oder sonstwo?“ replizierte die Julke. Nesselgrün lachte: „Sehen Sie, Frau Julke“, belehrte er sie, „dem Theater gegenüber muss man vorsichtig sein. Wäre die Regie noch besser gewesen, dann hätte es heute auch außerhalb geschneit.“ „O du mein Gott“, jammerte die Julke, „Sie machen alle Welt verrückt. Einen vons Theater nehme ich nie wieder!“
wome (Gast) - 13. Dez, 21:37
kompliment
sehr gelunden finde ich die verwendung des Praeteritio als stilmittel im ersten teil der rede.
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