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VOLLMACHT - Oder: Die Errettung der Welt in 7 Tagen

Das Christkind, an das ich, glaube ich, im innersten meines Herzens doch glaube, hat mir, obwohl ich an Gott nicht glaube, in tiefem Vertrauen, dass ich keinen Missbrauch damit betreibe, letzte Nacht eine sehr weit reichende Vollmacht erteilt. Ich bin befugt, zwischen dem 24. Dezember und dem 31. Dezember die ganze Welt nach meinem Gutdünken zu regieren.
Alle Staats- und Regierungschefs, alle Diktatoren dieser Welt, sogar die UNO und auch der Papst haben sich dem zu fügen. (Ja, Wolfgang Schüssel auch!)
Ich wollte dem Christkind gegenüber meine politische Korrektheit demonstrieren und verlangte, das ganze müsse demokratisch ablaufen, also alle Welt solle mitreden und mitentscheiden können. Es verstand mich ganz und gar nicht, war es doch in die Zeit des römischen Reiches hineingeboren, zu der Zeit, als Quirinius Statthalter in Syrien war und von dem Kaiser Augustus das Gebot ausging, dass alle Welt sich schätzen lassen müsse (Volkszählung oder Mirkozensus, wie das heute heißt), aber das ist eine andere Geschichte und nachzulesen bei Lukas 2, 1-3).
Also blieb es bei der Alleinbefugnis.
Sofort begann ich zu überlegen, was denn und wo denn und wie denn zu tun sei.
Hätte ich nicht tun sollen. Sofort hatte ich den Kopf voll mit den schlimmsten Schweinereien, die es abzustellen gälte und gleichzeitig dämmerte mir, dass ich die allerschlimmsten und allermeisten vermutlich gar nicht kannte! Weil weder CNN noch sonst wer mit einer Kamera oder einem Mikro je dort war.

Also begann ich zu Weihnachten einfach mit einem winzig kleinen Test:
"Hiermit ordne ich an, dass in Vorarlberg eine Grundsicherung in der Höhe von achthundert Euro monatlich ausbezahlt wird - und zwar ohne jede Schikane!"
Am nächsten Tag wurde selbiges im Amtsblatt der Vorarlberger Landesregierung und in allen Medien kundgetan. Niemand wunderte sich, kein Aufschrei. Aber viele Menschen hatten viel weniger Stress mit Behörden und so. Sie waren froh und die Engel im Himmel frohlockten: "Halleluja, endlich!"
Ermutigt durch diesen kleinen Erfolg machte ich mich an ein größeres Projekt:
"Hiermit ordne ich an, dass in Österreich jede Form von Ausländerfeindlichkeit aus den Herzen und Hirnen sämtlicher Bürgerinnen und Bürger und deren Nachkommen auf immer getilgt werde und die abscheulichen Fremdengesetze für null und nichtig erklärt werden."
Am nächsten Tag geschah folgendes: FPÖ und BZÖ beschlossen ihre Selbstauflösung und schieden freiwillig aus dem Parlament aus. Die Kronenzeitung wurde von deren Kolporteuren übernommen. Die Herren Strache, Haider und Westenthaler setzten sich nach Mecklenburg-Vorpommern ab. Frau Prokop trat einem Schweigeorden bei. In manchen Wiener Gemeindebauten setzte hemmungsloses Trinken ein.

Wenn das so gut klappt, dachte ich, dann können wir den nächsten Brocken wagen.
"Hiermit ordne ich an, dass alle Konzerne weltweit dreißig Prozent ihres Gewinnes in Entwicklungsprojekte, die regionale Wirtschaften stärken, stecken müssen. Bei Massenkündigungen müssen die Börsenkurse um zehn Prozent zurückgenommen werden. Auf Devisentransaktionen wird ab sofort eine Steuer von einem Promille erhoben, die ebenfalls in die Entwicklungszusammenarbeit fließen muss!"
Am nächsten Tag war alles zu meiner Zufriedenheit erledigt. Die Weltwirtschaft war mitnichten zusammengebrochen - im Gegenteil. Aber zwei Drittel aller Broker und Analysten an den Weltbörsen quittierten ihren Job, manche wurden schwer depressiv; ihnen wurde mit den plötzlich zahlreich und günstig erhältlichen Generica geholfen.

"Ich muss mich beeilen!" dachte ich, heute ist schon der 27. Dezember, ich habe nur noch vier Tage - und machte gleich weiter:
"Hiermit ordne ich an, dass die Konten sämtlicher Schweizer Banken geöffnet werden, auch aller Privatstiftungen in Liechtenstein, auf den Ceyman-Islands und sämtlichen anderen Steueroasen. Das Geld geht zurück in jene Länder, denen es auf kriminelle oder sonstwie schwindlige Weise entzogen worden ist!"
So geschah es und viele Schweizer Bankdirektoren ergrauten über Nacht. Das allerdings machte nur ihren Ehefrauen und Freundinnen Kummer, aber auch nicht immer.

"Hiermit ordne ich an, dass alle Armeen der Welt aufgelöst und alle Waffen vernichtet werden!" entsann ich mich meiner pazifistischen Wurzeln am nächsten Tag und freute mich, dass damit auch die österreichische Abfangjägerdiskussion ein für allemal beendet war. Nur Peter Pilz war ein bisschen traurig, weil der Untersuchungsausschuss sich damit erledigt hatte.

Am 29. Dezember befiel mich eine Art Torschlusspanik: Ich habe noch so vieles nicht getan und sicher das Wichtige total übersehen! Schnell handelte ich:
"Hiermit ordne ich an, dass die Ölkonzerne 70% ihres Gewinnes in die Entwicklung Erneuerbarer Energien investieren müssen. Sämtliche Atomkraftwerke sind bis zum Jahr 2010 zu stillzulegen. Die USA müssen jenes Geld, das sie die letzten 30 Jahre in die Rüstung investiert haben, die kommenden 30 Jahre in die Sanierung des Weltklimas investieren!" George Bush maulte ein bisschen, aber seine Anwälte machten im klar, dass er gegen eine vom Christkind autorisierte Anordnung keine Chance habe. Als guter Christ gab er rasch klein bei.

30. Dezember:
"Hiermit ordne ich an, dass die Menschenrechtskonvention weltweit allen Verfassungen voranzustellen und bedingungslos einzuhalten ist. Sie steht über jedem anderen Gesetz!"
Amnesty international bedankte sich mit ganzseitigen Inseraten, Gefängnisse wurden geleert und dann geschlossen; sogar Kinder hatten endlich ihre verbrieften Rechte. Ein schwerer Tag für alle Verfechter der Prügelstrafe.

31. Dezember, letzter Tag. Mir wurde fast schlecht bei dem Gedanken, dass morgen alles vorbei sein würde, ich aber just dann drauf kommen könnte, was denn die wirklich allerwichtigste Anordnung gewesen wäre, die ultimative gute Tat sozusagen.
Ich grübelte lange. Kurz vor Mitternacht, es stiegen bereits die ersten Feuerwerkskörper in den Nachthimmel, hatte ich mich entschieden:
"Hiermit ordne ich an, dass in die Herzen aller Weltbürgerinnen und Weltbürger unverrückbar eingepflanzt werde Nichts bleibt am Ende - nur die Liebe!
Es war punkt zwölf, als ich damit fertig war, die Pummerin begann gerade zu läuten und die ersten Takte des Donauwalzers erklangen. Doch statt dem sonst alljährlich üblichen Feuerwerks- und Sektspektakel, statt Böllerschüssen und Trinksprüchen, statt lärmenden Glückwünschen und heimlichen Vorsätzen kehrte auf der ganzen Welt für einen kurzen Augenblick absolute Stille ein (obwohl es - blöde Zeitverschiebung - an manchen Orten dafür zu früh, an anderen zu spät war; egal).
Die Welt hielt den Atem an. Die Menschen standen still und schauten in den Nachthimmel auf das sonnenbeschienene Meer hinaus oder in die Morgen- oder Abenddämmerung, je nach dem, wo sie sich befanden. Viele fassten sich an den Händen. Und alle, wirklich alle, egal welcher Hautfarbe, Sprache, Religion oder Nationalität begriffen für einen winzigen Augenblick ALLES und erfuhren eine Art von intergalaktischem, kollektivem, absolutem Glück.
(In Hollywood dachte heimlich bei sich ein Filmmogul: Dafür muss ich mir die Filmrechte sichern!)

Als die Welt nach diesem winzigen Augenblick weiteratmete, war alles wie es schon immer war. Sektkorken knallten und tatsächlich hörten einige zu rauchen auf, zumindest eine Viertelstunde. Viele Kinder wurden gezeugt, die meisten unabsichtlich.

Das Christkind kam kurz bei mir vorbei und meinte, ich hätte meine Sache nicht schlecht gemacht, aber leider müssten die Leute, das sei mir wohl ohnehin klar gewesen, selber draufkommen, worauf letztlich ALLES hinauslaufe.
Ich hatte es geahnt.
Wir tranken zusammen noch ein Bier, dann verabschiedete sich das Christkind mit etwas unsicherem Schweben, weil es das Trinken überhaupt nicht gewohnt war, irgendwohin nirgendwohin wo es immer schon und niemals war.

Ich wachte auf, weil mein Nachbar draußen grölte:
"Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum, ich bin so blau, man glaubt es kaum!...."
Ich war versucht, das Fenster aufzureißen und zurückzubrüllen. Zu müde, um aufzustehen blieb ich liegen und schlief rasch wieder ein.

Am 1. Jänner fing ein neues Jahr an. Sonst war alles wie immer.
Als allerdings am Ende des Neujahrskonzertes der Wiener Philharmoniker Zubin Mehta dem Publikum zurief: Nichts bleibt am Ende - nur die Liebe! und die Philharmoniker sich mit Wie wahr, wie wahr - Prosit Neujahr! anschlossen, war ich doch kurz irritiert, ohne zu wissen warum...

scheidegg-105

6 Milliarden jährlich

Und das ganze nennen sie dann "Konsolidierungsbedarf" statt Budgetkürzung.

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