Selbstaufgabe des Landtags
Anfragendebatte „Fall Cain“
Landtagssitzung 2.2.2010
Frau Präsidentin, Hoher Landtag!
In der ersten Stunde, bei der ersten Anfragendebatte zu diesem tragischen Fall, wurden bereits einige Aspekte angesprochen. Aber bei weitem noch nicht alle. Zum Beispiel jener, dass Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, über ein politisches Kurzzeitgedächtnis verfügen, dem man fortlaufend auf die Sprünge helfen muss. Im November 2009 haben wir den Prüfbericht über die Jugendwohlfahrt des Landesrechnungshofes diskutiert. Ein Prüfbericht, der übrigens seit Juni 2009 vorlag und nur aufgrund der Landtagswahlen so spät im Landtag behandelt wurde – ich komme darauf zurück.
Weil Sie, Frau Landesrätin, schon damals im Eck gestanden sind, weil herausgekommen ist, dass es an allen Ecken und Enden an Personal mangelt, hat die Frau Landtagsvizepräsidentin Nußbaumer zu Ihrer Verteidigung folgendes ausgeführt. (Ich zitiere, mit Erlaubnis der Frau Präsidentin):
Wenn die vereinte Opposition sich im Anschluss gleich auf die Personalsituation in den BH's, Abteilung Jugendwohlfahrt, einschießen wird, möchte ich vorher noch ein paar Dinge klarstellen: Erstens, die vielseitigen Problemstellungen, die in den letzten Jahren auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jugendwohlfahrt eingeströmt sind, bedingen eine umfassende Organisations- und Personalentwicklung. Dieser Prozess wurde im Frühjahr dieses Jahres gestartet und soll im nächsten Frühjahr abgeschlossen werden. Zweitens, es wird auf Bundesebene ein neues "Bundesgesetz über die Grundsätze für Hilfen für Familien und Erziehungshilfen für Kinder und Jugendliche", so der sperrige Titel, kurz gefasst das "Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz", erarbeitet, das in wesentlichen Bereichen völlig neue Voraussetzungen schaffen wird. Ich nenne nur das so genannte Vier-Augen-Prinzip, das sicher richtig ist, sich aber natürlich auch auf die Personalsituation auswirken wird. Meine bescheidene Bitte ist nun, die wenigen Monate bis zur Klärung dieser beiden wichtigen Weichenstellungen abzuwarten, besonders vor dem Hintergrund, dass ohnehin eine Aufstockung in den Jugendwohlfahrtsbehörden für das kommende Jahr vorgesehen ist.
Nun haben wir diese „wenigen Monate“ zugewartet und was hat sich gezeigt: das Bundesgesetz liegt weiterhin in der Schublade, weil die Länder hinhaltenden Widerstand leisten – es ist ihnen schlicht zu teuer. Die Personalaufstockung erfolgte trotz Zusicherung erst nach einer veritablen medialen Kampagne, die soweit ging, dass Sie der wartenden Presse vor der Türe schlicht und einfach irgend ein Ergebnis präsentieren mussten. Das Vier-Augen-Prinzip, von dem behauptet wurde, es sei zwar nicht gesetzlich verankert, werde aber in Vorarlberg praktiziert, hat sich im Kontrollausschuss zum Fall Cain in Luft aufgelöst – was diesen Punkt betrifft, wurden wir schlicht und einfach angelogen. Besonders peinlich sind in diesem Zusammenhang die Debattenbeiträge der ÖVP, als wir den Prüfbericht diskutiert haben. Bereits damals hat sich nämlich gezeigt, dass die Jugendwohlfahrtsabteilungen aufgrund von Personalmangel manche Abklärungen nur telefonisch machen können. Sie haben das damals auch noch verteidigt, allen voran der in Jugendwohlfahrtsfragen so beschlagene Abgeordnete Winsauer. Ich habe Ihnen damals schon erklärt, dass telefonische Abklärungen in der Jugendwohlfahrt in den allermeisten Fällen ein Ding der Unmöglichkeit sind, weil nur VOR ORT eingeschätzt werden kann, ob tatsächlich eine Gefährdung vorliegt oder nicht.
Sie haben das – wie immer, wenn Kritik an Sie herangetragen wird, ignoriert.
Faktum ist, meine Damen und Herren, dass Sie spätestens mit Vorliegen des Rechnungshofberichtes im Juni 2009 über schwerwiegende Personalmängel in der Jugendwohlfahrt informiert waren, dass Sie spätestens seit Juni 2009 wussten, dass äußerst heikle Abklärungen eben aufgrund dieses Personalmangels in bis zu einem Drittel der Fälle telefonisch erfolgt. Ebenfalls seit diesem Zeitpunkt wussten Sie auch, dass die Fallzahlen bei den Jugendwohlfahrtsabteilungen in den letzten fünf Jahren um 60% gestiegen sind, das Personal aber lediglich um 40% - ausgehend von einer schon vorher unzumutbaren Unterbesetzung. Faktum ist damit, dass die von Ihnen nach massivem öffentlichem und politischem Druck zum Jahresende vorgenommenen Aufstockungen nicht einmal ausreichen, um das System von „Notbetrieb“ auf „Normalbetrieb“ zu bekommen.
Ihre Reaktionszeit, Frau Landesrätin, bei offenkundigen Mängeln im System beträgt nicht „wenige Monate“, sondern Jahre. Das war bei den Missständen in der Pflege so, das ist auch in der Jugendwohlfahrt so.
Zur Frage der Kontrolle und der Untersuchung von möglichen Missständen.
Dass Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, aufgrund Ihrer Alleinherrschaft in diesem Land ein gestörtes Verhältnis zur Kontrolle der Regierung haben, ist nicht neu.
Von Ihnen wird genau so viel Kontrolle zugelassen, wie Sie aufgrund des öffentlichen Druckes müssen. Reagiert wird nur, wenn wieder eine für Sie als Regierende ziemlich peinliche Sache passiert ist.
Dass Sie im „Fall Cain“ die Einsetzung einer Untersuchungskommission verweigern passt ins Bild. Mit dem peinlichen und schwachbrüstigen Argument, eine UK könne nicht mehr zur Aufklärung beitragen als Staatsanwaltschaft und die Eberle-Kommission versuchen Sie folgendes abzuwenden:
- das Recht auf uneingeschränkte Akteneinsicht für die Mitglieder der UK
- das uneingeschränkte Recht der UK, Auskunftspersonen vorzuladen, die unter Wahrheitspflicht befragt werden können
- das Recht er UK, Behörden Aufträge zur lückenlosen Ermittlung zu erteilen
- die Tatsache, dass in einer UK, im Unterschied zu sämtlichen anderen Gremien im Lande Vorarlberg, NICHT die ÖVP die Mehrheit hat, sondern die Opposition
Allein die letztgenannte Tatsache dürfte Ihnen derart unangenehm sein, dass schon damit eine UK für Sie nicht in Frage kommt. Vollends überflüssig erscheint Ihnen letztlich wohl, dass eine UK auch die politische Verantwortung zu untersuchen und zu klären hat. Üblicherweise ist das in einer Demokratie so: die Regierung hat sich gegenüber dem Parlament politisch zu verantworten.
Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, haben im gegebenen Anlassfall bisher fast ausschließlich Ihre Beamten vorgeschickt. Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, betrauen auch jetzt den ranghöchsten Beamten des Landes mit der Leitung der Untersuchung. Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, verweigern damit dem Landtag die ihm verfassungs- und rechtmässig zustehende Kontrollfunktion der Regierung. Sie haben schon bei der Verankerung der UK in der Verfassung dafür gesorgt, dass eine UK praktisch nur über die politische Leiche Ihrer absoluten Mehrheit eingerichtet werden kann – und haben damit schon von Anbeginn an deklariert, was Sie davon halten: nichts.
Mit entwaffnender Offenheit ist damit auch dokumentiert, was Sie von parlamentarischer Kontrolle, von Opposition an sich halten, mehrfach untermauert durch Wortmeldungen Ihrerseits in der jüngeren Vergangenheit:
Wer als Oppositionspartei in diesem Haus seine Aufgabe ernst nimmt, wird von Ihnen bezichtigt, zuständige Regierungsmitglieder „anzuschütten“ und hart arbeitende MitarbeiterInnen in geprüften Einrichtungen „systematisch schlecht zu machen“.
Wer Kritik am System (der Pflege, der Jugendwohlfahrt...) übt, wird aufgefordert, die Fälle auf den Tisch zu legen.
Wer Einzelfälle auf den Tisch legt, dem wird „Schlechtmacherei“ vorgeworfen und bezichtigt, mit Einzelfällen „politisches Kleingeld“ wechseln zu wollen.
Wer, nachdem ein dreijähriges Kind unter besonders tragischen Umständen zu Tode gekommen ist, umfassende Aufklärung und Darlegung aller Fakten verlangt, dem wird das verweigert.
Bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit tragen Sie die Monstranz des Föderalismus spazieren und beschwören die Eigenständigkeit der Länder und die Wichtigkeit der Landtage. Heuer im Mai feiern Sie in einem ländlichen Staatsakt 150 Jahre Landtag. Will aber der Landtag einmal in aller Konsequenz wahrnehmen, wozu er auch gewählt wurde, nämlich die schonungs- und lückenlose Kontrolle der Regierung durch die Einsetzung einer UK, einmal in 150 Jahren!, verweigern Sie ihm dieses Recht mit einer Arroganz und Selbstgefälligkeit, an die ich mich als Oppositionspolitiker zwar schon gewöhnt habe, mit der ich mich aber als frei gewählter Mandatar – und Sie alle, meine Damen und Herren von der ÖVP, haben auch ein freies Mandat – niemals abfinden werde!
Sie verweigern uns eine UK. Sie haben uns, einmal mehr überstimmt. Bravo. Was Sie nicht begreifen wollen, meine Damen und Herren von der ÖVP, ist, dass Sie durch Ihr Verhalten als Anhängsel der Regierung dabei sind, sich selber abzuschaffen, weil Sie den Landtag zum Anbetungsverein der Landesregierung degradieren.
Die Verweigerung der Kontrolle ist beschämend. Die Selbstabschaffung durch Selbstaufgabe hingegen ist gespenstisch und beklemmend.
Aber nicht einmal das merken Sie.
PS: Andreas Dünser sieht die Selbstaufgabe des Landtages in seinem heutigen Kommentar in den VN genauso wie ich.
Landtagssitzung 2.2.2010
Frau Präsidentin, Hoher Landtag!
In der ersten Stunde, bei der ersten Anfragendebatte zu diesem tragischen Fall, wurden bereits einige Aspekte angesprochen. Aber bei weitem noch nicht alle. Zum Beispiel jener, dass Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, über ein politisches Kurzzeitgedächtnis verfügen, dem man fortlaufend auf die Sprünge helfen muss. Im November 2009 haben wir den Prüfbericht über die Jugendwohlfahrt des Landesrechnungshofes diskutiert. Ein Prüfbericht, der übrigens seit Juni 2009 vorlag und nur aufgrund der Landtagswahlen so spät im Landtag behandelt wurde – ich komme darauf zurück.
Weil Sie, Frau Landesrätin, schon damals im Eck gestanden sind, weil herausgekommen ist, dass es an allen Ecken und Enden an Personal mangelt, hat die Frau Landtagsvizepräsidentin Nußbaumer zu Ihrer Verteidigung folgendes ausgeführt. (Ich zitiere, mit Erlaubnis der Frau Präsidentin):
Wenn die vereinte Opposition sich im Anschluss gleich auf die Personalsituation in den BH's, Abteilung Jugendwohlfahrt, einschießen wird, möchte ich vorher noch ein paar Dinge klarstellen: Erstens, die vielseitigen Problemstellungen, die in den letzten Jahren auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jugendwohlfahrt eingeströmt sind, bedingen eine umfassende Organisations- und Personalentwicklung. Dieser Prozess wurde im Frühjahr dieses Jahres gestartet und soll im nächsten Frühjahr abgeschlossen werden. Zweitens, es wird auf Bundesebene ein neues "Bundesgesetz über die Grundsätze für Hilfen für Familien und Erziehungshilfen für Kinder und Jugendliche", so der sperrige Titel, kurz gefasst das "Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz", erarbeitet, das in wesentlichen Bereichen völlig neue Voraussetzungen schaffen wird. Ich nenne nur das so genannte Vier-Augen-Prinzip, das sicher richtig ist, sich aber natürlich auch auf die Personalsituation auswirken wird. Meine bescheidene Bitte ist nun, die wenigen Monate bis zur Klärung dieser beiden wichtigen Weichenstellungen abzuwarten, besonders vor dem Hintergrund, dass ohnehin eine Aufstockung in den Jugendwohlfahrtsbehörden für das kommende Jahr vorgesehen ist.
Nun haben wir diese „wenigen Monate“ zugewartet und was hat sich gezeigt: das Bundesgesetz liegt weiterhin in der Schublade, weil die Länder hinhaltenden Widerstand leisten – es ist ihnen schlicht zu teuer. Die Personalaufstockung erfolgte trotz Zusicherung erst nach einer veritablen medialen Kampagne, die soweit ging, dass Sie der wartenden Presse vor der Türe schlicht und einfach irgend ein Ergebnis präsentieren mussten. Das Vier-Augen-Prinzip, von dem behauptet wurde, es sei zwar nicht gesetzlich verankert, werde aber in Vorarlberg praktiziert, hat sich im Kontrollausschuss zum Fall Cain in Luft aufgelöst – was diesen Punkt betrifft, wurden wir schlicht und einfach angelogen. Besonders peinlich sind in diesem Zusammenhang die Debattenbeiträge der ÖVP, als wir den Prüfbericht diskutiert haben. Bereits damals hat sich nämlich gezeigt, dass die Jugendwohlfahrtsabteilungen aufgrund von Personalmangel manche Abklärungen nur telefonisch machen können. Sie haben das damals auch noch verteidigt, allen voran der in Jugendwohlfahrtsfragen so beschlagene Abgeordnete Winsauer. Ich habe Ihnen damals schon erklärt, dass telefonische Abklärungen in der Jugendwohlfahrt in den allermeisten Fällen ein Ding der Unmöglichkeit sind, weil nur VOR ORT eingeschätzt werden kann, ob tatsächlich eine Gefährdung vorliegt oder nicht.
Sie haben das – wie immer, wenn Kritik an Sie herangetragen wird, ignoriert.
Faktum ist, meine Damen und Herren, dass Sie spätestens mit Vorliegen des Rechnungshofberichtes im Juni 2009 über schwerwiegende Personalmängel in der Jugendwohlfahrt informiert waren, dass Sie spätestens seit Juni 2009 wussten, dass äußerst heikle Abklärungen eben aufgrund dieses Personalmangels in bis zu einem Drittel der Fälle telefonisch erfolgt. Ebenfalls seit diesem Zeitpunkt wussten Sie auch, dass die Fallzahlen bei den Jugendwohlfahrtsabteilungen in den letzten fünf Jahren um 60% gestiegen sind, das Personal aber lediglich um 40% - ausgehend von einer schon vorher unzumutbaren Unterbesetzung. Faktum ist damit, dass die von Ihnen nach massivem öffentlichem und politischem Druck zum Jahresende vorgenommenen Aufstockungen nicht einmal ausreichen, um das System von „Notbetrieb“ auf „Normalbetrieb“ zu bekommen.
Ihre Reaktionszeit, Frau Landesrätin, bei offenkundigen Mängeln im System beträgt nicht „wenige Monate“, sondern Jahre. Das war bei den Missständen in der Pflege so, das ist auch in der Jugendwohlfahrt so.
Zur Frage der Kontrolle und der Untersuchung von möglichen Missständen.
Dass Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, aufgrund Ihrer Alleinherrschaft in diesem Land ein gestörtes Verhältnis zur Kontrolle der Regierung haben, ist nicht neu.
Von Ihnen wird genau so viel Kontrolle zugelassen, wie Sie aufgrund des öffentlichen Druckes müssen. Reagiert wird nur, wenn wieder eine für Sie als Regierende ziemlich peinliche Sache passiert ist.
Dass Sie im „Fall Cain“ die Einsetzung einer Untersuchungskommission verweigern passt ins Bild. Mit dem peinlichen und schwachbrüstigen Argument, eine UK könne nicht mehr zur Aufklärung beitragen als Staatsanwaltschaft und die Eberle-Kommission versuchen Sie folgendes abzuwenden:
- das Recht auf uneingeschränkte Akteneinsicht für die Mitglieder der UK
- das uneingeschränkte Recht der UK, Auskunftspersonen vorzuladen, die unter Wahrheitspflicht befragt werden können
- das Recht er UK, Behörden Aufträge zur lückenlosen Ermittlung zu erteilen
- die Tatsache, dass in einer UK, im Unterschied zu sämtlichen anderen Gremien im Lande Vorarlberg, NICHT die ÖVP die Mehrheit hat, sondern die Opposition
Allein die letztgenannte Tatsache dürfte Ihnen derart unangenehm sein, dass schon damit eine UK für Sie nicht in Frage kommt. Vollends überflüssig erscheint Ihnen letztlich wohl, dass eine UK auch die politische Verantwortung zu untersuchen und zu klären hat. Üblicherweise ist das in einer Demokratie so: die Regierung hat sich gegenüber dem Parlament politisch zu verantworten.
Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, haben im gegebenen Anlassfall bisher fast ausschließlich Ihre Beamten vorgeschickt. Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, betrauen auch jetzt den ranghöchsten Beamten des Landes mit der Leitung der Untersuchung. Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, verweigern damit dem Landtag die ihm verfassungs- und rechtmässig zustehende Kontrollfunktion der Regierung. Sie haben schon bei der Verankerung der UK in der Verfassung dafür gesorgt, dass eine UK praktisch nur über die politische Leiche Ihrer absoluten Mehrheit eingerichtet werden kann – und haben damit schon von Anbeginn an deklariert, was Sie davon halten: nichts.
Mit entwaffnender Offenheit ist damit auch dokumentiert, was Sie von parlamentarischer Kontrolle, von Opposition an sich halten, mehrfach untermauert durch Wortmeldungen Ihrerseits in der jüngeren Vergangenheit:
Wer als Oppositionspartei in diesem Haus seine Aufgabe ernst nimmt, wird von Ihnen bezichtigt, zuständige Regierungsmitglieder „anzuschütten“ und hart arbeitende MitarbeiterInnen in geprüften Einrichtungen „systematisch schlecht zu machen“.
Wer Kritik am System (der Pflege, der Jugendwohlfahrt...) übt, wird aufgefordert, die Fälle auf den Tisch zu legen.
Wer Einzelfälle auf den Tisch legt, dem wird „Schlechtmacherei“ vorgeworfen und bezichtigt, mit Einzelfällen „politisches Kleingeld“ wechseln zu wollen.
Wer, nachdem ein dreijähriges Kind unter besonders tragischen Umständen zu Tode gekommen ist, umfassende Aufklärung und Darlegung aller Fakten verlangt, dem wird das verweigert.
Bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit tragen Sie die Monstranz des Föderalismus spazieren und beschwören die Eigenständigkeit der Länder und die Wichtigkeit der Landtage. Heuer im Mai feiern Sie in einem ländlichen Staatsakt 150 Jahre Landtag. Will aber der Landtag einmal in aller Konsequenz wahrnehmen, wozu er auch gewählt wurde, nämlich die schonungs- und lückenlose Kontrolle der Regierung durch die Einsetzung einer UK, einmal in 150 Jahren!, verweigern Sie ihm dieses Recht mit einer Arroganz und Selbstgefälligkeit, an die ich mich als Oppositionspolitiker zwar schon gewöhnt habe, mit der ich mich aber als frei gewählter Mandatar – und Sie alle, meine Damen und Herren von der ÖVP, haben auch ein freies Mandat – niemals abfinden werde!
Sie verweigern uns eine UK. Sie haben uns, einmal mehr überstimmt. Bravo. Was Sie nicht begreifen wollen, meine Damen und Herren von der ÖVP, ist, dass Sie durch Ihr Verhalten als Anhängsel der Regierung dabei sind, sich selber abzuschaffen, weil Sie den Landtag zum Anbetungsverein der Landesregierung degradieren.
Die Verweigerung der Kontrolle ist beschämend. Die Selbstabschaffung durch Selbstaufgabe hingegen ist gespenstisch und beklemmend.
Aber nicht einmal das merken Sie.
PS: Andreas Dünser sieht die Selbstaufgabe des Landtages in seinem heutigen Kommentar in den VN genauso wie ich.
rauch - 3. Feb, 10:58