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Was haben Schüssel und Gusenbauer miteinander geredet?

Um der Ernsthaftigkeit des Lebens sowie Kälte, Dunkelheit und der damit verbundenen bitteren Erkenntnis, dass ohne mich keine Regierung zustande kommt zu entfliehen, habe ich, wie immer in derartigen Situationen, Trost und Rat bei Flann 0´Brien und in anderen Büchern gesucht und - wie immer - gefunden.

Weil sich ja nun die halbe Republik fragt, was Schüssel und Gusenbauer beim Bundespräsidenten so zueinander gesagt haben, befragte ich auch dazu meine Bücher. Und siehe da: Ich fand die Wahrheit, die volle Wahrheit über das Gespräch. NEWS, Krone und Konsorten können einpacken. Hier der Exklusivbericht.

Schüssel zu Gusenbauer (nach steifer Begrüssung):

"Ich wäre gern ein anderer geworden, Du auch? Aber damit hätten wir früher beginnen müssen, jetzt ist es zu spät. Nicht so übel wäre es auch, gar nicht erst geboren zu sein, aber das kommt immer seltener vor, ich könnte Dir da kaum irgendwelche Fälle nennen, es sei denn auf Anhieb, aber das willst Du gewiss nicht, mit Recht übrigens, ich mag so etwas auch nicht.
Gern wäre ich zum Beispiel Ordinarius für Tautologie an der Universität Kandersteg geworden. Aber um diesen Lehrstuhl reißen sich manche, die weitaus qualifizierter sind, als ich es bin. Letzten Endes bin ich ja nur ein tautophiler Dilettant. Man soll sich über die eigenen Fähigkeiten keiner Täuschung hingeben, obgleich es auch da andere, durchaus ernstzunehmende Meinungen gibt, von denen ich freilich keine zitieren könnte." (1)

Gusenbauer, nach hilfesuchendem Blick zu Fischer, antwortet:

"Überspringen wir doch uns selbst
Meiden wir diese
Ortschaften ausgediente
Vorderes hinteres Elend
Und den erschütterten Menschen.

Wieviele Schneefälle sind
Die kein Auge sieht
Und Meteore wieviele
Stürzen während wir schlafen.

Besinne verdächtiges Ich
Den Rehschädel an der Wand
Die beinweiße schweigende Maske
Und draußen das flirrende Laub
Daß deinen Atem nicht braucht." (2)

Schüssel, sichtlich irritiert und verstört, holt aus zu einem Geständnis:

"Das Mißgeschick senkte sich auf mein Unglück, ein weiteres Mißgeschick fiel auf das Mißgeschick, und es dauerte nicht lange, da fielen die Mißgeschicke zähflüssig auf das erste Unglück und auf mich. Dann fiel ein Schauer voll Unglück auf die Mißgeschicke, schwere Mißgeschicke fielen auf das Unglück, und schließlich legte sich ein großes braunes Mißgeschick über alles, das das Licht erstickte und den Lauf der Dinge zum Stehen brachte." (3)

Gusenbauer kamen die Tränen. Er nahm Schüssel in den Arm und meinte:

"Auch normenregulierte Handlungen und expressive Selbstdarstellungen haben, ähnlich wie konstative Sprechhandlungen, den Charakter sinnvoller, in ihrem Kontext verständlicher Äußerungen, die mit einem kritisierbaren Geltungsanspruch verbunden sind!" (4)

Da konnte Wolfgang nicht anders, als ein Zugeständnis zu machen:

"Ich kann freilich nicht sagen, ob es besser werden wird wenn es anders wird; aber so viel kann ich sagen, es muss anders werden, wenn es gut werden soll." (5)

Fischer, bemüht, beiden gegenüber Verständnis zu signalisieren, hub an präsidential zu sprechen:

"Ein Hinterwäldler, wenn es noch einen gäbe, würde staunen, käme er in unsere Stadt. Bei uns filmt jeder jeden, jeder hält jedem ein Mikrophon entgegen, jeder fragt jeden aus. " (6)

Wolfgang und Alfred (sich die Hand reichend) sprechen im Chor:

"Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben." (7)

(Abgang der beiden Hand in Hand)

Fischer, ganz im Zweifel, ob das Gespräch nun ein Erfolg war oder nicht, dachte für sich:


"Lassen wir jedoch dieses Beiseite; denn es ist ein Labyrinth, aus dem der Ausgang sehr schwer zu finden ist; kommen wir vielmehr auf den Vorrang der Waffen vor den Wissenschaften zurück, ein Gegenstand, der noch zu untersuchen bleibt, derart sind die Gründe, die von beiden Seiten angeführt werden. "(8)

Da tönte es vom Ballhausplatz herauf, deutlich zu hören durch die geschlossenen Fenster:

"Du schwarze Sau!" (9)

und kurz darauf

"Niemals mit den Roten!" (10)

Fischer, erbleichend, stammelte nur noch:

"Ich will der Wahrheitsgeiger sein und bleiben, wenn man mir auch die Geige am Kopfe zerschlagen sollte!" (11)

Genau so hat es sich zugetragen.
Ich schwöre. Hier sind meine ZeugInnen:


(1) Wolfgang Hildesheimer / Mitteilungen an Max über den Stand der Dinge und anderes
(2) Marie Luise Kaschnitz / Verdächtiges Ich
(3) Flann O´Brien / Irischer Lebenslauf
(4) Jürgen Habermas / Theorie des kommunikativen Handelns (Erster Band)
(5) Georg Christoph Lichtenberg / Aphorismen und andere Sudeleien
(6) Marie Luiese Kaschnitz / Ein Hinterwäldler
(7) Rainer Maria Rilke / Herbsttag
(8) Miguel de Cervantes Saavedra / Don Quijote (38. Kapitel)
(9) Volkszorniger Ausspruch in allen Fußballstadien, Ursprung vermutlich im heutigen Kasachstan
(10) Wütender Trotzruf eines Jung-ÖVPlers am Abend des 1. Oktober in Vorarlberg
(11) Franz Michael Felder / Aus meinem Leben

(Wunderbare Weisheiten hätte ich auch noch gefunden in
Anais Nin / Das Delta der Venus und bei Klaus Theweleit / Männerphantasien (Band 1). Die waren aber leider nicht jugendfrei. Schade....)

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6 Milliarden jährlich

Und das ganze nennen sie dann "Konsolidierungsbedarf" statt Budgetkürzung.

MenschenMeinungen

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