Danke, Johannes, dass Du die Fragen stellst, die bei einem anständigen Projektmanagement für jedes Projekt - auch das grüne - von Zeit zu Zeit gestellt werden müssen: Strengths - Weaknesses - Opportunities - Threats (SWOT), d.h. die Frage nach Stärken und Schwächen (in der Vergangenheit) sowie nach Chancen und Gefahren (in der Zukunft).
Also: Wo waren meines Erachtens die Grünen stark? - Ich rede hier nur von den Vorarlberger Grünen:
- Vorstellungen einer neuen BILDUNGSPOLITIK, auch als einer entscheidenden Grundlage für Integrationspolitik: ganz große Kompetenz von Harald Walser (auch unter Verweis auf eigene schulische Praxis).
- KLIMA- UND VERKEHRSPOLITIK: detto; merkbare Präsenz grüner Positionen in der öffentlichen Debatte, anschauliches Beispiel: Ringbahn nördliches Rheintal.
- INTEGRATIONSPOLITIK: klare Ansage gegen die FPÖ (gegen gespaltenes Versicherungssystem, gegen freiheitliche Horror-Mathematik mit unbelegten Zahlen etc.), damit auch gegen VP-Positionen, die an die freiheitlichen anschlossen.
ABER:
- Gerade in den Vorstellungen zur Integrationspolitik ist empirisch und konzeptionell noch recht viel zu leisten (Probleme: nachschulische Qualifikation vieler migrantischer Jugendlicher, Ethnisierung von Jugendkulturen - keineswegs nur migrantischen, Erwerbsquote bei türkischstämmigen Frauen, Auseinandersetzung mit konservativen moslemischen Männern und Frauen, viel stärkere Teilhabe an Gemeinde- und Landespolitik etc.)
- In der STEUER- und UMVERTEILUNGSPOLITIK sind die Ansagen der Grünen klar gewesen. Aber was fehlte, waren durchgerechnete Konzepte (die hatten die anderen auch nicht, nur macht das die Sache nicht besser). Hier muss mehr volkswirtschaftlicher und budgetpolitischer Sachverstand mobilisiert werden. Die von Johannes geforderte/angekündigte grüne (Budget-)Einnahmen-Ausgaben-Rechnung muss her - und dann in der Öffentlichkeitsarbeit natürlich auch verständlich gemacht werden.
Was komplett gefehlt hat:
- grüne Konzepte zur EUROPA- und damit auch zur GLOBALISIERUNGSPOLITIK. Dieses Thema ist explizit im Wahlkampf bei keiner Partei vorgekommen - implizit (als Angstthema) hat es natürlich eine hervorragende Rolle gespielt. Auch die globalisierungskritischen Konservativen (Ökosoziales Forum) haben da ausgelassen, wohl um ihrer Tante ÖVP das Leben nicht noch schwerer zu machen: Wo waren die Forderungen des "Global Marshall Plans" an eine kommende österreichische Regierung? Welche Folgerungen ziehen die anderen Vorarlberger Parteien aus ihrer im Landtag erklärten Unterstützung des Global Marshall Plans? Welche Folgerungen die Grünen? Ich weiß schon, dass das ein inhaltlich schwieriges und in der öffentlichen Debatte schwer zu vermittelndes Thema ist. Nur: wenn man das Feld nicht den Angstmachern und damit den Befürwortern von Nationalismus und Abschottung überlassen will, dann müssen gerade hier Positionen in der Öffentlichkeit viel deutlicher gemacht und unter anderem konkrete Schritte österreichischer EU-Politik auf Bundes- wie auf Landesebene eingefordert werden.
Fazit: Wenn man diese - und andere - SWOT-Übungen durchexerziert hat, dann soll man sich überlegen:
- was lässt sich mit wem auf den Weg bringen oder gar durchsetzen (gerade auch über Partei- und Weltanschauungsgrenzen hinweg)?
- und was davon sind Minimalpositionen, die man bei einer allfälligen Beteiligung der Grünen an einer SP-VP-Regierung verwirklichen will bzw. wo es ohne Aussicht auf Realisierung eben keinen Regierungseintritt gibt?
Sich ohne diese thematischen Klärungen ÖVP und SPÖ als Juniorpartner anzudienen, beschädigt (zu Recht) bei vielen das Ansehen der Grünen. Sollten die Grünen dann tatsächlich nur um des Regierens willen in eine solche Koalition eintreten wollen, empfiehlt es sich, vorher Rat bei einem Experten einzuholen. Er weiß, was bei einem solchen Zugang zur Macht herauskommt, und er hat in Zukunft genügend Zeit für derartige Consulting-Tätigkeiten. Ach ja, beinahe hätte ich seinen Namen vergessen: Alfred Gusenbauer.
Haben sie die 1000€ vom Themessel schon bekommen, oder mussen sie, vielleicht selber bezahlen?
Kurt Greussing (Gast) - 1. Okt, 14:57
Antwort
Herr Themessl hat mir das statistische Material, das er bis vorgestern (Montag) liefern wollte, aus Termingründen (Wien-Aufenthalt) für heute Mittwoch versprochen. Bis dato (14 Uhr 57) war noch nichts in meiner Mailbox. Ich warte ungeduldig weiter. Im Übrigen - keine Bange: Die 1000 Euro werden schon noch ihren Besitzer wechseln. So oder so.
SWOT - so gehört's gemacht.
Also: Wo waren meines Erachtens die Grünen stark? - Ich rede hier nur von den Vorarlberger Grünen:
- Vorstellungen einer neuen BILDUNGSPOLITIK, auch als einer entscheidenden Grundlage für Integrationspolitik: ganz große Kompetenz von Harald Walser (auch unter Verweis auf eigene schulische Praxis).
- KLIMA- UND VERKEHRSPOLITIK: detto; merkbare Präsenz grüner Positionen in der öffentlichen Debatte, anschauliches Beispiel: Ringbahn nördliches Rheintal.
- INTEGRATIONSPOLITIK: klare Ansage gegen die FPÖ (gegen gespaltenes Versicherungssystem, gegen freiheitliche Horror-Mathematik mit unbelegten Zahlen etc.), damit auch gegen VP-Positionen, die an die freiheitlichen anschlossen.
ABER:
- Gerade in den Vorstellungen zur Integrationspolitik ist empirisch und konzeptionell noch recht viel zu leisten (Probleme: nachschulische Qualifikation vieler migrantischer Jugendlicher, Ethnisierung von Jugendkulturen - keineswegs nur migrantischen, Erwerbsquote bei türkischstämmigen Frauen, Auseinandersetzung mit konservativen moslemischen Männern und Frauen, viel stärkere Teilhabe an Gemeinde- und Landespolitik etc.)
- In der STEUER- und UMVERTEILUNGSPOLITIK sind die Ansagen der Grünen klar gewesen. Aber was fehlte, waren durchgerechnete Konzepte (die hatten die anderen auch nicht, nur macht das die Sache nicht besser). Hier muss mehr volkswirtschaftlicher und budgetpolitischer Sachverstand mobilisiert werden. Die von Johannes geforderte/angekündigte grüne (Budget-)Einnahmen-Ausgaben-Rechnung muss her - und dann in der Öffentlichkeitsarbeit natürlich auch verständlich gemacht werden.
Was komplett gefehlt hat:
- grüne Konzepte zur EUROPA- und damit auch zur GLOBALISIERUNGSPOLITIK. Dieses Thema ist explizit im Wahlkampf bei keiner Partei vorgekommen - implizit (als Angstthema) hat es natürlich eine hervorragende Rolle gespielt. Auch die globalisierungskritischen Konservativen (Ökosoziales Forum) haben da ausgelassen, wohl um ihrer Tante ÖVP das Leben nicht noch schwerer zu machen: Wo waren die Forderungen des "Global Marshall Plans" an eine kommende österreichische Regierung? Welche Folgerungen ziehen die anderen Vorarlberger Parteien aus ihrer im Landtag erklärten Unterstützung des Global Marshall Plans? Welche Folgerungen die Grünen? Ich weiß schon, dass das ein inhaltlich schwieriges und in der öffentlichen Debatte schwer zu vermittelndes Thema ist. Nur: wenn man das Feld nicht den Angstmachern und damit den Befürwortern von Nationalismus und Abschottung überlassen will, dann müssen gerade hier Positionen in der Öffentlichkeit viel deutlicher gemacht und unter anderem konkrete Schritte österreichischer EU-Politik auf Bundes- wie auf Landesebene eingefordert werden.
Fazit: Wenn man diese - und andere - SWOT-Übungen durchexerziert hat, dann soll man sich überlegen:
- was lässt sich mit wem auf den Weg bringen oder gar durchsetzen (gerade auch über Partei- und Weltanschauungsgrenzen hinweg)?
- und was davon sind Minimalpositionen, die man bei einer allfälligen Beteiligung der Grünen an einer SP-VP-Regierung verwirklichen will bzw. wo es ohne Aussicht auf Realisierung eben keinen Regierungseintritt gibt?
Sich ohne diese thematischen Klärungen ÖVP und SPÖ als Juniorpartner anzudienen, beschädigt (zu Recht) bei vielen das Ansehen der Grünen. Sollten die Grünen dann tatsächlich nur um des Regierens willen in eine solche Koalition eintreten wollen, empfiehlt es sich, vorher Rat bei einem Experten einzuholen. Er weiß, was bei einem solchen Zugang zur Macht herauskommt, und er hat in Zukunft genügend Zeit für derartige Consulting-Tätigkeiten. Ach ja, beinahe hätte ich seinen Namen vergessen: Alfred Gusenbauer.
Frage?
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