Angst essen Seele auf
An verregneten Sonntagen befällt mich manchmal Nachdenklichkeit und ich fange an zu schreiben,so wie jetzt, ohne zu wissen, wo ich landen werde.
Frühmorgens las ich, dass in den USA eine Großbank zusammengebrochen ist und weiteren dasselbe Schicksal droht, weshalb jetzt die Regierung die beiden größten Immobilienfinanzierer unter staatlichen Schutz stellen will. "Der Staat", also: die SteuerzahlerInnen, zahlen die Zeche im großen Casino, nachdem die Zocker die Bank ausgeräumt haben...
Später trudelt ein e-mail ein. "Sehr geehrter Herr Rauch, ich kann die Miete nicht mehr bezahlen. Jetzt muss ich ausziehen. Können Sie mir helfen?" Ich hoffe schon.
Angst liegt in der Luft. Es braut sich etwas zusammen. Vielleicht, wenn Wind aufkommt, verziehen sich die Wolkentürme, hofft man.
Viele haben Angst. Dass es nicht mehr reicht, am Ende des Monats. Dass die Zeiten schlechter werden. Dass alles immer noch teurer werden wird. Dass der Job wackelt. Dass der Druck immer noch größer wird und das Tempo immer noch schneller. Dass man das nicht mehr aushält auf Dauer. Dass es aber dazu keine Alternative gibt, weil man Haus,Wohnung,Schulden,Auto,Familie hat. Dass irgendwie alles aus dem Lot geraten ist. Dass man dem aber ohnmächtig ausgeliefert ist.
Niemand weiß das besser als die mit den einfachen Antworten. Angst, umgemünzt in Zorn, ist Wasser auf deren Mühlen. Die mit den einfachen Antworten brauchen die Angst. Und den Zorn.
Sie benennen die Schuldigen, auf die der Zorn abgeladen wird. Die Ausländer. Die EU. Die Schwulen. Die Parteien (alle, außer die mit den einfachen Antworten). Die mit den einfachen Antworten schüren das Feuer. Wenn Angst in Zorn und Zorn in Hass umschlagen, so wird das in Kauf genommen. Sie versprechen Seelenheil für alle und verschweigen die Wahrheit:
Angst essen Seele auf.
Angst lähmt, Zorn (Hass) treibt an: zum Treten nach unten und Errettung der eigenen kleinen Welt.
Angst lähmt, Hoffnung (Sehnsucht) treibt an: zum Gehen nach vorne und zur Schaffung einer besseren Welt.
Das eine sind bad feelings, das andere good feelings.
Die alten Philosophen und die neuen neurobiologischen WissenschafterInnen sagen uns: Menschen sehnen sich nach good feelings. Zwischenmenschliche Zuwendung, Wertschätzung, Liebe. Die alten Philosophen verorten diese Sehnsucht in der Seele, die Neurobiologen in den Genen und der Botenstoffzentrale "Gehirn". Auslöser für die Ausschüttung ist Kommunikation, Interaktion, Begegnung, Kooperation - von Menschen mit Menschen. (Lauter Dinge, die keine Dinge sind. Es gibt keinen Markt dafür. Das weiß der Markt und verspricht, man könne sich das kaufen. Blass vor Neid, sagt er: kauf - dann wirst du glücklich!)
Also bleibt an einem nassen Sonntag das trockene Fazit:
Das "Prinzip Hoffnung" (Bloch) und das "Prinzip Menschlichkeit" (Bauer) sind die einzig tauglichen Mittel gegen die "Wiederkehr des Zorns im 21. Jahrhundert" (Sloterdijk). Oder:
"Große Politik geschieht allein im Modus von Balanceübungen. Die Balance üben heißt keinem notwendigen Kampf ausweichen, keinen überflüssigen provozieren. Es heißt auch den Wettlauf mit der Umweltzerstörung und der allgemeinen Demoralisierung nicht verloren zu geben." (derselbe)
Womit ich am Ende wieder bei der Politik gelandet bin.
Wo sonst.
Frühmorgens las ich, dass in den USA eine Großbank zusammengebrochen ist und weiteren dasselbe Schicksal droht, weshalb jetzt die Regierung die beiden größten Immobilienfinanzierer unter staatlichen Schutz stellen will. "Der Staat", also: die SteuerzahlerInnen, zahlen die Zeche im großen Casino, nachdem die Zocker die Bank ausgeräumt haben...
Später trudelt ein e-mail ein. "Sehr geehrter Herr Rauch, ich kann die Miete nicht mehr bezahlen. Jetzt muss ich ausziehen. Können Sie mir helfen?" Ich hoffe schon.
Angst liegt in der Luft. Es braut sich etwas zusammen. Vielleicht, wenn Wind aufkommt, verziehen sich die Wolkentürme, hofft man.
Viele haben Angst. Dass es nicht mehr reicht, am Ende des Monats. Dass die Zeiten schlechter werden. Dass alles immer noch teurer werden wird. Dass der Job wackelt. Dass der Druck immer noch größer wird und das Tempo immer noch schneller. Dass man das nicht mehr aushält auf Dauer. Dass es aber dazu keine Alternative gibt, weil man Haus,Wohnung,Schulden,Auto,Familie hat. Dass irgendwie alles aus dem Lot geraten ist. Dass man dem aber ohnmächtig ausgeliefert ist.
Niemand weiß das besser als die mit den einfachen Antworten. Angst, umgemünzt in Zorn, ist Wasser auf deren Mühlen. Die mit den einfachen Antworten brauchen die Angst. Und den Zorn.
Sie benennen die Schuldigen, auf die der Zorn abgeladen wird. Die Ausländer. Die EU. Die Schwulen. Die Parteien (alle, außer die mit den einfachen Antworten). Die mit den einfachen Antworten schüren das Feuer. Wenn Angst in Zorn und Zorn in Hass umschlagen, so wird das in Kauf genommen. Sie versprechen Seelenheil für alle und verschweigen die Wahrheit:
Angst essen Seele auf.
Angst lähmt, Zorn (Hass) treibt an: zum Treten nach unten und Errettung der eigenen kleinen Welt.
Angst lähmt, Hoffnung (Sehnsucht) treibt an: zum Gehen nach vorne und zur Schaffung einer besseren Welt.
Das eine sind bad feelings, das andere good feelings.
Die alten Philosophen und die neuen neurobiologischen WissenschafterInnen sagen uns: Menschen sehnen sich nach good feelings. Zwischenmenschliche Zuwendung, Wertschätzung, Liebe. Die alten Philosophen verorten diese Sehnsucht in der Seele, die Neurobiologen in den Genen und der Botenstoffzentrale "Gehirn". Auslöser für die Ausschüttung ist Kommunikation, Interaktion, Begegnung, Kooperation - von Menschen mit Menschen. (Lauter Dinge, die keine Dinge sind. Es gibt keinen Markt dafür. Das weiß der Markt und verspricht, man könne sich das kaufen. Blass vor Neid, sagt er: kauf - dann wirst du glücklich!)
Also bleibt an einem nassen Sonntag das trockene Fazit:
Das "Prinzip Hoffnung" (Bloch) und das "Prinzip Menschlichkeit" (Bauer) sind die einzig tauglichen Mittel gegen die "Wiederkehr des Zorns im 21. Jahrhundert" (Sloterdijk). Oder:
"Große Politik geschieht allein im Modus von Balanceübungen. Die Balance üben heißt keinem notwendigen Kampf ausweichen, keinen überflüssigen provozieren. Es heißt auch den Wettlauf mit der Umweltzerstörung und der allgemeinen Demoralisierung nicht verloren zu geben." (derselbe)
Womit ich am Ende wieder bei der Politik gelandet bin.
Wo sonst.
rauch - 13. Jul, 13:24
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