Die Trennung von Kirche und Staat, welche Ihnen, Herr Rauch zurecht so wichtig ist,
gibt es im Islam nicht. Und genau das macht den Menschen Angst. Oder versuchen Sie einmal mit einer Bibel in der Hand nach Saudi Arabien zu reisen, Sie werden dort wahrscheinlich verhaftet werden. Ich bin voll dafür, dass unsere Mitmenschen, welche aus islamischen Ländern zu uns gekommen sind und größtenteils bestens integriert sind, bei uns volle Religionsfreiheit haben. Minarette sind dazu meiner Meinung nach, nicht unbedingt nötig. Genau so, wie es hinterfragt werden darf, ob zu einem christlichen "Gotteshaus" unbedingt ein Turm gehört.
Kurt Greussing (Gast) - 2. Dez, 12:41
Auch Quatsch, der anonym abgesondert wird, ist Quatsch.
Und er wird durch Wiederholung nicht besser.
Wo steht denn, "der Islam" kenne Trennung von "Kirche" (geistlicher Autorität) und "Staat" (weltlicher Herrschaft")? - Wahrscheinlich im Blog von Andreas Unterberger, aus dem durch häufiges Nachbeten aber auch kein Islamfachmann wird.
Für den sunnitischen Islam gelten lediglich die ersten vier Kalifen (in der Nachfolge Mohammeds) als "rechtgeleitet", d.h. auch als geistliche Autoritäten. Anschließend muss gemäß den sunnitisch-islamischen Theologen der Herrscher zwar ein guter Moslem sein und er steht der "Gemeinschaft der Gläubigen" im jeweiligen Staat als Führer vor - aber er ist in der Regel keine theologische Autorität (vergleichbar der Funktion des britischen Königs / der Königin für die Anglikaner).
Im schiitischen Islam hingegen gilt den Theologen die weltliche Macht sowieso (bis zur Wiederkunft des Mahdi) als "usurpiert", und es existierte immer eine - auch institutionelle Trennung - von Zentren schiitischer Theologie (im heutigen Iraq) und weltlicher Macht (im Iran). Erst Khomeyni hat mit seinem Konzept der "Herrschaft des Rechtsgelehrten" mit dieser Tradition gebrochen (durch die iranische Revolution von 1979), was aber gerade auch unter traditionsbewussten schiitischen Geistlichen großen Widerstand hervorgerufen hat.
Dass "das Christentum" stets die Trennung von Kirche und Staat vertreten habe, ist nicht mehr ein frommes Märchen - jedenfalls im Hinblick auf den Katholizismus. Zwei kurze Hinweise:
Aufgrund der angeblichen "Konstantinischen Schenkung" (Constitutum Constantini - das Dokument war eine interessierte Fälschung) beanspruchte der Papst vom 10. bis ins 19. Jahrhundert nicht nur die geistliche, sondern auch die WELTLICHE Herrschaft über Rom, Italien und den Westteil des Römischen Reiches. Und im 19. Jahrhundert hat sich die amtskirchliche katholische Theologie ganz radikal GEGEN DIE TRENNUNG VON KIRCHE UND STAAT geäußert - nachzulesen unter anderem im "Syllabus errorum" von 1864.
Also: Nix da mit "Islam versus Christentum", wenn's um die Trennung von Kirche und Staat geht. Diese Trennung macht ja sowieso nur unter der Perspektive eines religionsneutralen oder zumindest eines religionspluralistischen Staates Sinn. Wenn sich hingegen die staatliche Herrschaft mit der Durchsetzung eines religiösen Systems beauftragt sieht, dann ist es für die Menschen egal, ob Staat und Kirche nominell getrennt sind oder nicht - unterm Islam wie unterm Christentum.
Genau den Mist hat Herr Karadzic den Serben ins Hirn gestreut, genau diesen Quatsch und was
kam dabei heraus, 250 000 Menschen mussten sterben nur weil sie muslemischen Glaubens war und genau dahin führt uns diese Hetzkampagne und zu nichts anderen.
Kurt Greussing (Gast) - 2. Dez, 12:47
2. Absatz v.u., 1./2. Zeile
muss heißen: ... ist nicht mehr ALS ein frommes Märchen.
KFWB (Gast) - 2. Dez, 14:14
Sie verdrehen die Tatsachen, Herr Dr. Greußing
Es geht heute nicht mehr um die geschichtliche Entwicklung des Christentums in Vergleich zum Islam, sondern um die heutigen Verhältnisse. Die Trennung von Kirche und Staat gibt es in allen westlichen Demokratien. In islamistischen Ländern, wie Audi-Arabien gibt es diese Trennung nicht. Darum geht es mir. Bezüglich Unterberger kann ich Ihnen nur sagen, dass ein Bundesrat der Grünen, Efgani Dönmez, im Standard genau das gesagt hat, was auch Unterberger sicher unterschrieben würde.
... dass in den katholischen Gesellschaften Mittel- und Westeuropas nicht WEGEN, sondern TROTZ des Christentums (konkret: des Katholizismus) relativ säkulare Staaten entstanden sind? Zur Erinnerung: Noch in der österreichischen Diktatur-Verfassung vom Mai 1934 ist das Christentum im Eingangsstatement de facto zur Staatsreligion erklärt worden ("Im Namen Gottes, des Allmächtigen, von dem alles Recht ausgeht, erhält das österreichische Volk für seinen christlichen, deutschen Bundesstaat auf ständischer Grundlage diese Verfassung.")
Diese Säkularisierung war dem Umstand geschuldet, dass sich namhafte gesellschaftliche Kräfte (sozialdemokratische Arbeiterbewegung, liberales Bürgertum) von der amtskirchlich-theologischen Bevormundung verabschiedet haben - wobei aber viele durchaus religiös, wenngleich nicht kirchengebunden geblieben sind.
Genau in dieser Perspektive besteht auch für "den" Islam Hoffnung. Die Aleviten und andere Heterodoxe machen es schon seit Jahrzehnten vor, wie's geht. Und bei den Sunniten wird zwischen den leider zahlreichen Orthodoxen und den leider noch wenigen aufklärerischen Reformern dort, wo's die staatlichen Systeme erlauben (wie in Österreich oder in der Türkei), inzwischen kräftig gestritten - nicht anders als unter Protestanten und Juden vom 18. bis in 20. Jahrhundert (die Katholiken allerdings haben bis in die 1960er Jahre gebraucht, um mittels des II. Vatikanums die Kurve zum säkularen Staat zu kratzen).
Ihr Bezug auf Saudi-Arabien und ähnliche Staaten sei Ihnen unbenommen. Er verhilft zu einem von Differenzierung ungetrübten Bild "des Islam". Ein Denkschema von ebenso schöner Schlichtheit pflegen auch orthodoxe Moslems, für die "der Westen" mit dem ewig gleichen Hinweis auf Guantanamo und die USA im Iraq erledigt ist.
KFWB (Gast) - 2. Dez, 16:08
Ja selbstverständlich können wir uns einigen
und zwar auf alles, was Sie heute um 15.37 geschrieben haben. Ich schätze Sie, Herr Dr. Greussing nach wie vor als einen, der wenigen Kenner der verschiedensten Strömungen des Islam insbesondere der Aleviten. Was Sie gerade geschrieben haben, erweckt Hoffnung, dass auch der Islam wandlungsfähig ist. Im Übrigen habe ich viele gute Freunde und Bekannte unter der türkischen Bevölkerung und pflege mit ihnen seit Jahren gute Nachbarschaft.
Die Trennung von Kirche und Staat, welche Ihnen, Herr Rauch zurecht so wichtig ist,
Auch Quatsch, der anonym abgesondert wird, ist Quatsch.
Wo steht denn, "der Islam" kenne Trennung von "Kirche" (geistlicher Autorität) und "Staat" (weltlicher Herrschaft")? - Wahrscheinlich im Blog von Andreas Unterberger, aus dem durch häufiges Nachbeten aber auch kein Islamfachmann wird.
Für den sunnitischen Islam gelten lediglich die ersten vier Kalifen (in der Nachfolge Mohammeds) als "rechtgeleitet", d.h. auch als geistliche Autoritäten. Anschließend muss gemäß den sunnitisch-islamischen Theologen der Herrscher zwar ein guter Moslem sein und er steht der "Gemeinschaft der Gläubigen" im jeweiligen Staat als Führer vor - aber er ist in der Regel keine theologische Autorität (vergleichbar der Funktion des britischen Königs / der Königin für die Anglikaner).
Im schiitischen Islam hingegen gilt den Theologen die weltliche Macht sowieso (bis zur Wiederkunft des Mahdi) als "usurpiert", und es existierte immer eine - auch institutionelle Trennung - von Zentren schiitischer Theologie (im heutigen Iraq) und weltlicher Macht (im Iran). Erst Khomeyni hat mit seinem Konzept der "Herrschaft des Rechtsgelehrten" mit dieser Tradition gebrochen (durch die iranische Revolution von 1979), was aber gerade auch unter traditionsbewussten schiitischen Geistlichen großen Widerstand hervorgerufen hat.
Dass "das Christentum" stets die Trennung von Kirche und Staat vertreten habe, ist nicht mehr ein frommes Märchen - jedenfalls im Hinblick auf den Katholizismus. Zwei kurze Hinweise:
Aufgrund der angeblichen "Konstantinischen Schenkung" (Constitutum Constantini - das Dokument war eine interessierte Fälschung) beanspruchte der Papst vom 10. bis ins 19. Jahrhundert nicht nur die geistliche, sondern auch die WELTLICHE Herrschaft über Rom, Italien und den Westteil des Römischen Reiches. Und im 19. Jahrhundert hat sich die amtskirchliche katholische Theologie ganz radikal GEGEN DIE TRENNUNG VON KIRCHE UND STAAT geäußert - nachzulesen unter anderem im "Syllabus errorum" von 1864.
Also: Nix da mit "Islam versus Christentum", wenn's um die Trennung von Kirche und Staat geht. Diese Trennung macht ja sowieso nur unter der Perspektive eines religionsneutralen oder zumindest eines religionspluralistischen Staates Sinn. Wenn sich hingegen die staatliche Herrschaft mit der Durchsetzung eines religiösen Systems beauftragt sieht, dann ist es für die Menschen egal, ob Staat und Kirche nominell getrennt sind oder nicht - unterm Islam wie unterm Christentum.
kam dabei heraus, 250 000 Menschen mussten sterben nur weil sie muslemischen Glaubens war und genau dahin führt uns diese Hetzkampagne und zu nichts anderen.
2. Absatz v.u., 1./2. Zeile
Sie verdrehen die Tatsachen, Herr Dr. Greußing
http://derstandard.at/1259280962624/derStandardat-Interview-Ich-bin-fuer-ein-Verbot-der-Burka
Können wir uns drauf einigen ...,
Diese Säkularisierung war dem Umstand geschuldet, dass sich namhafte gesellschaftliche Kräfte (sozialdemokratische Arbeiterbewegung, liberales Bürgertum) von der amtskirchlich-theologischen Bevormundung verabschiedet haben - wobei aber viele durchaus religiös, wenngleich nicht kirchengebunden geblieben sind.
Genau in dieser Perspektive besteht auch für "den" Islam Hoffnung. Die Aleviten und andere Heterodoxe machen es schon seit Jahrzehnten vor, wie's geht. Und bei den Sunniten wird zwischen den leider zahlreichen Orthodoxen und den leider noch wenigen aufklärerischen Reformern dort, wo's die staatlichen Systeme erlauben (wie in Österreich oder in der Türkei), inzwischen kräftig gestritten - nicht anders als unter Protestanten und Juden vom 18. bis in 20. Jahrhundert (die Katholiken allerdings haben bis in die 1960er Jahre gebraucht, um mittels des II. Vatikanums die Kurve zum säkularen Staat zu kratzen).
Ihr Bezug auf Saudi-Arabien und ähnliche Staaten sei Ihnen unbenommen. Er verhilft zu einem von Differenzierung ungetrübten Bild "des Islam". Ein Denkschema von ebenso schöner Schlichtheit pflegen auch orthodoxe Moslems, für die "der Westen" mit dem ewig gleichen Hinweis auf Guantanamo und die USA im Iraq erledigt ist.
Ja selbstverständlich können wir uns einigen