Weltumwelttag - eine Vorarlberg-Bilanz
„Wir dürfen nicht auf Kosten künftiger Generationen leben!“ spricht der Landeshauptmann, wenn es darum geht, Kürzungen im Landesbudget vorzunehmen, weil irgendjemand die Kosten der Krise bezahlen muss, und dabei trifft es, wie immer, die breite Masse der Bevölkerung.
Geradezu verschwenderisch hingegen wird in Vorarlberg nach wie vor mit Boden sowie Natur und Landschaft umgegangen.
Bodenverbrauch ungebremst
Im Schnitt werden täglich drei Grundstücke zu 500 m² in Bauplätze umgewidmet, zählt man die Straßen, Plätze und Verkehrsflächen mit dazu, sind es 1000 m². Die Ansiedlung von Einkaufsmärkten und Diskontläden an den Ortsrändern hält an. Gewidmetes Bauland wird nach wie vor, oft in der Hoffnung auf Preissteigerungen, gehortet, was den Druck auf Neuwidmung erhöht. Es ist nicht gelungen die Zersiedelung einzudämmen. Die Landesgrünzone wird scheibchenweise demontiert, fast jede „Ausnahmegenehmigung“ wird erteilt.
Notwendige Maßnahmen:
- Raumplanungsgesetz erneuern, Bodenschutz verbindlich verankern
- Überörtliche Betriebsgebiete festlegen
- Wohnbauförderung umwidmen (Sanierung und Verdichtung statt Einfamilienhaus)
„Respektiere deine Grenzen“: bei Natur- und Landschaft nur Lippenbekenntnis
Kurzfristige wirtschaftliche Interessen dominieren den Umgang mit Natur und Landschaft. Die Zunahme von Zweitwohnungen und Ferienwohnanlagen ufert aus, Schilift- und Seilbahnanlagen sowie Schipisten werden in neue, sensible Gebiete hineingebaut (Mellau-Damüls, Kitzebachtobel in Lech) die Kapazitäten werden immer weiter erhöht. Der Hunger nach Golfplätzen scheint unstillbar, auch in alpinen Lagen (Zugertal). Im Rheindelta wird mitten im Naturschutzgebiet mit Rückendeckung des Landeshauptmannes der Ausbau eines Luxushafens in Angriff genommen, naturnahe Radwege werden zu „Autobahnen“ ausgebaut (Bregenzerwald).
Notwendige Maßnahmen:
- Festlegung von „weißen Zonen“ um Nicht-Erschließung sicherzustellen
- Keine weiteren Kapazitätserhöhungen bei Liften und Seilbahnen
- Stopp für weitere Ferienhaussiedlungen
- Schluss mit Ausnahmegenehmigungen in Naturschutzgebieten
Landwirtschaft am Holzweg, Waldwirtschaft leidet unter Wildwirtschaft
In der Landwirtschaft gilt nach wie vor: höher, schneller, weiter. Von 1997 bis 2007 stieg die durchschnittliche Jahresmilchleistung in Vorarlberg um 25%, dafür erleben 80% der Kühe ihre dritte Laktation nicht mehr und erkranken häufiger. Die intensive Verwendung von Antibiotika in der Zucht findet sich in den Böden wieder, ebenso der Einsatz von Düngemitteln. Demgegenüber leidet die kleine Berglandwirtschaft Not, weil niemand sich die Arbeit mehr antun will.
Die Vorarlberger Schutzwälder sind großteils nicht mehr in der Lage, sich selber zu erhalten, weil der Wildbestand so hoch ist, dass keine Naturverjüngung mehr stattfinden kann. Die Weißtanne ist in manchen Gebieten vom Aussterben bedroht. Freizeitnutzung der Wälder und Berggebiete führt zu weiterem Druck und Konflikten.
Notwendige Maßnahmen:
- „Bioland Vorarlberg“ als strategisches Ziel, Umstellung der Landwirtschaftsförderung daraufhin
- Umverteilung der Förderungen „vom Tal zum Berg, von groß zu klein, von intensiv zu bio“
- Zurück zu einer Tierzucht mit „Maß und Ziel“!
- Wildschadenserhebung und Wildzählung ohne wegschauen, tatsächliche Zahlen auf den Tisch; Wildbestand muss den Erfordernissen des Schutzwaldes angepasst werden
Dass Vorarlberg beim Zuwachs im Autoverkehr weiterhin im Spitzenfeld liegt, bei der Umsetzung des Zieles „Energieautonomie“ über Lippenbekenntnisse noch nicht hinausgekommen ist und den Anschluss zu versäumen droht, wenn es um die Schaffung neuer, grüner Arbeitsplätze geht sei hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt.
Damit fällt die Bilanz zum Weltumwelttag ernüchternd aus: Das ehemalige „Umweltmusterland“ ist zwar immer noch – im Vergleich – ein Wirtschaftswunderland, aber der Preis dafür ist hoch. Immer wenn die Entscheidungen zwischen Wirtschafts- und Umweltinteressen fallen, zieht die Umwelt den Kürzeren und das Profitinteresse „gewinnt“.
Vorarlberg ist drauf und dran, scheibchenweise sein größtes und wichtigstes Kapital für die Zukunft zu verspielen, nämlich intakte Natur- und Landschaftsräume, langfristig sichere Schutzwälder und eine (Über)lebensfähige Landwirtschaft.
Wer nur beim Geld spart, aber die natürlichen Lebensgrundlagen und Ressourcen des Landes vergeudet ist um nichts besser, wie die „Schuldenmacher“, die hierzulande so gerne und intensiv gegeißelt werden. Ein bisschen Behübschungsökologie und ein paar bunte Broschüren können darüber nicht hinwegtäuschen.
Quellen:
Natur und Umwelt in Vorarlberg 2009, Vorarlberger Naturschutzrat
15 Jahre Bodenschutzkonzept – Eine Bilanz, Amt der Landesregierung
Vision Rheintal, Dokumentation 2006
Evaluierungsbericht Jagdgesetz und Rechenschaftsberichte der Vorarlberger Landesregierung 2006-2009
Geradezu verschwenderisch hingegen wird in Vorarlberg nach wie vor mit Boden sowie Natur und Landschaft umgegangen.
Bodenverbrauch ungebremst
Im Schnitt werden täglich drei Grundstücke zu 500 m² in Bauplätze umgewidmet, zählt man die Straßen, Plätze und Verkehrsflächen mit dazu, sind es 1000 m². Die Ansiedlung von Einkaufsmärkten und Diskontläden an den Ortsrändern hält an. Gewidmetes Bauland wird nach wie vor, oft in der Hoffnung auf Preissteigerungen, gehortet, was den Druck auf Neuwidmung erhöht. Es ist nicht gelungen die Zersiedelung einzudämmen. Die Landesgrünzone wird scheibchenweise demontiert, fast jede „Ausnahmegenehmigung“ wird erteilt.
Notwendige Maßnahmen:
- Raumplanungsgesetz erneuern, Bodenschutz verbindlich verankern
- Überörtliche Betriebsgebiete festlegen
- Wohnbauförderung umwidmen (Sanierung und Verdichtung statt Einfamilienhaus)
„Respektiere deine Grenzen“: bei Natur- und Landschaft nur Lippenbekenntnis
Kurzfristige wirtschaftliche Interessen dominieren den Umgang mit Natur und Landschaft. Die Zunahme von Zweitwohnungen und Ferienwohnanlagen ufert aus, Schilift- und Seilbahnanlagen sowie Schipisten werden in neue, sensible Gebiete hineingebaut (Mellau-Damüls, Kitzebachtobel in Lech) die Kapazitäten werden immer weiter erhöht. Der Hunger nach Golfplätzen scheint unstillbar, auch in alpinen Lagen (Zugertal). Im Rheindelta wird mitten im Naturschutzgebiet mit Rückendeckung des Landeshauptmannes der Ausbau eines Luxushafens in Angriff genommen, naturnahe Radwege werden zu „Autobahnen“ ausgebaut (Bregenzerwald).
Notwendige Maßnahmen:
- Festlegung von „weißen Zonen“ um Nicht-Erschließung sicherzustellen
- Keine weiteren Kapazitätserhöhungen bei Liften und Seilbahnen
- Stopp für weitere Ferienhaussiedlungen
- Schluss mit Ausnahmegenehmigungen in Naturschutzgebieten
Landwirtschaft am Holzweg, Waldwirtschaft leidet unter Wildwirtschaft
In der Landwirtschaft gilt nach wie vor: höher, schneller, weiter. Von 1997 bis 2007 stieg die durchschnittliche Jahresmilchleistung in Vorarlberg um 25%, dafür erleben 80% der Kühe ihre dritte Laktation nicht mehr und erkranken häufiger. Die intensive Verwendung von Antibiotika in der Zucht findet sich in den Böden wieder, ebenso der Einsatz von Düngemitteln. Demgegenüber leidet die kleine Berglandwirtschaft Not, weil niemand sich die Arbeit mehr antun will.
Die Vorarlberger Schutzwälder sind großteils nicht mehr in der Lage, sich selber zu erhalten, weil der Wildbestand so hoch ist, dass keine Naturverjüngung mehr stattfinden kann. Die Weißtanne ist in manchen Gebieten vom Aussterben bedroht. Freizeitnutzung der Wälder und Berggebiete führt zu weiterem Druck und Konflikten.
Notwendige Maßnahmen:
- „Bioland Vorarlberg“ als strategisches Ziel, Umstellung der Landwirtschaftsförderung daraufhin
- Umverteilung der Förderungen „vom Tal zum Berg, von groß zu klein, von intensiv zu bio“
- Zurück zu einer Tierzucht mit „Maß und Ziel“!
- Wildschadenserhebung und Wildzählung ohne wegschauen, tatsächliche Zahlen auf den Tisch; Wildbestand muss den Erfordernissen des Schutzwaldes angepasst werden
Dass Vorarlberg beim Zuwachs im Autoverkehr weiterhin im Spitzenfeld liegt, bei der Umsetzung des Zieles „Energieautonomie“ über Lippenbekenntnisse noch nicht hinausgekommen ist und den Anschluss zu versäumen droht, wenn es um die Schaffung neuer, grüner Arbeitsplätze geht sei hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt.
Damit fällt die Bilanz zum Weltumwelttag ernüchternd aus: Das ehemalige „Umweltmusterland“ ist zwar immer noch – im Vergleich – ein Wirtschaftswunderland, aber der Preis dafür ist hoch. Immer wenn die Entscheidungen zwischen Wirtschafts- und Umweltinteressen fallen, zieht die Umwelt den Kürzeren und das Profitinteresse „gewinnt“.
Vorarlberg ist drauf und dran, scheibchenweise sein größtes und wichtigstes Kapital für die Zukunft zu verspielen, nämlich intakte Natur- und Landschaftsräume, langfristig sichere Schutzwälder und eine (Über)lebensfähige Landwirtschaft.
Wer nur beim Geld spart, aber die natürlichen Lebensgrundlagen und Ressourcen des Landes vergeudet ist um nichts besser, wie die „Schuldenmacher“, die hierzulande so gerne und intensiv gegeißelt werden. Ein bisschen Behübschungsökologie und ein paar bunte Broschüren können darüber nicht hinwegtäuschen.
Quellen:
Natur und Umwelt in Vorarlberg 2009, Vorarlberger Naturschutzrat
15 Jahre Bodenschutzkonzept – Eine Bilanz, Amt der Landesregierung
Vision Rheintal, Dokumentation 2006
Evaluierungsbericht Jagdgesetz und Rechenschaftsberichte der Vorarlberger Landesregierung 2006-2009
rauch - 6. Jun, 10:47
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