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Rankweil-Bregenz

„Achtung: dies ist ein literarischer Text, keine politische Meinungsäußerung. Das Stilmittel der Ironie ist bewusst eingesetzt!“ (nachträglich angebrachter Vorspann aufgrund des folgenden Leserbriefes: leserbrief (jpg, 143 KB))


Eine Zugfahrt

Zug fahren heißt warten.
Aber meistens kommen sie pünktlich. Die Züge. Was so auch wiederum nicht stimmt, weil immer nur einer kommt. Jetzt sind sie neu und schön und rot und innen blau und einsteigen kann man auch besser, weil es ebenerdig hineingeht, sozusagen.
Die schwierigste Hürde vor dem Einsteigen ist für viele Menschen der Fahrkartenautomat am Bahnhof. Manche steigen da schon wieder aus. Fluchend. Denen helfe ich dann. Bei den ÖBB habe ich mich über die Apparate schon aufgeregt, aber geholfen hat das nichts.
Alte Menschen geraten schon allein deswegen in Rage, weil die Automatenkästen sie bloßstellen: als jemanden, der den Anschluss verloren hat, rein technisch. Insofern sind die schweigenden Automaten höhnisch sich verweigernde Monster. Mir können sie nichts anhaben. Ich habe eine Jahreskarte.

"Nächster halt Sulz-Röthis". Kinder fragen manchmal, wie sich die Frau, die da spricht, alle Stationen von Bludenz bis Bregenz merken könne. Eltern antworten dann, dass die Frau sogar alle Stationen von Bregenz bis Wien kenne und dass sie Chris Lohner heiße, wissen aber auch nicht so genau, wie das mit dem Aufnehmen und Abspielen funktioniert.
Wenn der Zug voll ist, sind immer mindestens fünf Menschen um einen herum am Telefonieren. Die meisten meinen, sie müssten besonders laut reden, weil man, wenn man im Zug telefoniert, besonders schlecht zu verstehen sei. Das ist ein weit verbreiteter Irrtum.
Mich interessiert es zum Beispiel Nüsse, wann der Mann, der Sohn, die Tochter, der Liebhaber, die Schwester nach hause kommt oder auch nicht, ob gekocht ist, was es gibt, wie der letzte Streit ausgegangen ist und ob die Operation der Schwiegermutter erfolgreich verlaufen ist, was immer das heißen mag. Oft frage ich mich, was Menschen dazu bringt, intimste Details aus ihrem Leben laut zu äußern, die sie ansonsten niemals freiwillig öffentlich sagen würden, es aber tun, bloß, weil sie ein Handy am Ohr haben. An manchen Tagen gleichen Regionalzüge großen, fahrbaren öffentlichen Beichtstühlen. Und keiner da, der die Absolution erteilt.
"Klaus in Vorarlberg" heißt deshalb Klaus in Vorarlberg, weil es drei weitere "Klaus" in Österreich gibt, zwei in Ober- und eines in Niederösterreich, aber das weiß fast niemand, was ziemlich egal ist, jedenfalls den Klausern, diesseits und jenseits des Arlbergs und mir auch.

Die Landschaft, die vor den Fenstern vorbeizieht ist grün, man sieht viele Bäume und dann wieder Einfamilienhäuser. Links sieht man nur die Autobahn, darum sitze ich immer rechts. Wenn es regnet, perlen die Tropfen an den neuen Fenstern ab. Fährt der Zug an, bilden sich Rinnsale, die vom Fahrtwind gelenkt werden. Je schneller der Zug fährt, desto schräger verlaufen die Rinnsale. Außer mir fällt das selten jemandem auf, es muss sich dabei also um nicht besonderes handeln. Die Schüler interessiert das ohnehin nicht, die machen noch Hausaufgaben. Manche von ihnen steigen in Götzis aus.

Zu Altach gibt es nichts besonderes zu sagen, außer dass die Haltestelle fast so hässlich ist wie die in Lauterach. Manchmal denke ich, wenn der Zug in Altach hält, an Fußball. Aber nur während der Saison, sonst lohnt sich der Ärger nicht.

Zwischen Altach und Hohenems fährt man am Krematorium vorbei, wenn man rechts sitzt - sitzt man links, sieht man dafür den Flugplatz - aber der Zug hält weder hier noch dort. Das hat etwas Tröstliches, wer mag da schon halten. Ich persönlich finde den Flugplatz trostlos, das Krematorium hingegen sympathisch. Fährt der Zug in Hohenems ein, kommt mir oft Michael Köhlmaier in den Sinn, das beste, was mir zu dieser Stadt einfällt, neben dem jüdischen Museum. Es gäbe noch die Landwirtschaftsschule, ich weiß, aber die kommt mir nie in den Sinn, warum auch. Doch schon ist man in Dornbirn, das hier noch Hatlerdorf heißt. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen, selbst von Chris Lohner nicht.
Schoren hingegen klingt super. Ungeschoren passiert der Zug die Haltestelle und überquert die Dornbirner Ache, um im modernen Bahnhof von Dornbirn einzulaufen. Steinplattenverkleidungen bis ins letzte Eck und alles hell, die Leute mögen es. Auch Videokameras sind viele installiert, wegen der Sicherheit, sagt man, aber sicher bin ich mir nicht, ob das nützt oder nur kostet. Schaden sei es keiner, bemerkt ein älterer Mann gegenüber, weil schließlich das Gesindel vom Haus der Jungen Arbeiter und die ganzen Türken dort herumlungern würden. Bevor er sich in Rage reden kann, bringt ihn seine Frau zum Schweigen. Wenn man kein Handy am Ohr hat und älter ist, behält man für sich, was man sich denkt, außer man ist unter sich, wenn man außer sich gerät.

In Haselstauden vermisse ich die Haselstauden. Das Wortspiel ist platt, im Zug wird es leise, manche ermatten, obwohl der Tag noch jung ist. Es liegt am Wetter und am diffusen Licht. Sie leide an Hochdruck, klagt eine Frau, es werde schlimmer von Tag zu Tag, lange mache sie es nicht mehr. Das sagst du, meint die andere, seit zehn Jahren, du wirst doch hundert, bei deiner Gesundheit, bei mir ist es das Herz, die Galle geht wieder aber zwölf Tabletten muss ich nehmen, stell dir vor, das kann nicht gesund sein.

Wenn man am Medienhaus vorbeifährt, das man wiederum nur sieht, wenn man rechts sitzt, fallen einem die vielen Autos auf, die dort rund um das Haus stehen. Sonst fällt einem nichts auf. Die VN hat man daheim schon gelesen, vor allem die Todesanzeigen und die Leserbriefe.
Der Wetterbericht hat wieder einmal nicht gestimmt, aber deswegen bestellt auch keiner die Zeitung ab.
Und schon war man in Schwarzach.

Wolfurt ist ein Güterbahnhof, manchmal wechseln hier die Lokführer, warum weiß ich auch nicht. Hauptsache es kommt wieder einer und fährt weiter. Links, wo ich nicht sitze, beim Hinunterfahren, werden Züge gewaschen, was hin und wieder wirkungslos zu bleiben scheint.
Dann kreuzt die Bahn die Autobahn und als Ortsunkundiger kennt man sich plötzlich nicht mehr aus mit den Himmelsrichtungen. Gottseidank weist mir der Gebhardsberg immer den rechten Weg.

Bei Lauterach verwirrt mich immer, neben der Hässlichkeit der Station, dass auf den neuen Tafeln "Lauterach" steht, was ich für normal halte, auf dem alten Bahnwärterhäuschen aber "Lautrach", was sicher von "Lutrach" herrührt, aber das wäre fast Dialekt und auch unterm Kaiser haben die ja wohl schon Hochdeutsch angeschrieben, nehme ich an. Das fällt mir immer auf und jedes Mal nehme ich mir vor, dem auf den Grund zu gehen, weil irgend einen Grund muss es geben dafür, aber dann kommt Riedenburg mitten im Vorkloster, es treffen sich sozusagen Burg und Kloster, Kirche und Staat, Gott, Kaiser und Vaterland und gleich darauf tönt es "Bregenz - Dieser Zug endet hier. Alles Aussteigen".
Bis heute bin ich mir nicht sicher, es muss an meinem Gehör liegen, ob sie sagt "Alle" oder "Alles". Alle wäre klar: damit wären die Menschen gemeint, Männer und Frauen. Alles hingegen würde auch die Hunde beinhalten, die manchmal mitfahren. Ein Nebenthema.


Bregenz ist die Landeshauptstadt, rechts ist ein Parkplatz, ein ganz hässlicher, links liegt der See, meistens still, stürmisch nur bei Föhn und bemerkenswert ist immer auch die Seebühne. Ins Landhaus gehe ich jeden Tag, es ist nichts besonderes, weder von außen noch von innen.
Im Unterschied zum Regionalzug steht es immer am selben Ort und die Stimme im Lift, die ansagt in welchem Stockwerk man sich befindet, ist nicht die von Chris Lohner.
An manchen Tagen irritiert mich das.

Klaus

6 Milliarden jährlich

Und das ganze nennen sie dann "Konsolidierungsbedarf" statt Budgetkürzung.

MenschenMeinungen

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