"Mit deutschem Gruß!"
Manche Aktivitäten von FPÖ-Mandataren bedrüfen dringend einer Durchleuchtung. Diese hier zum Beispiel.
Dann gibt es noch einen weiteren Bekenner, der auf einer einschlägigen Nazi-Seite mit "Deutschem Gruß" aus der "Ostmark" auf sich aufmerksam macht. Dem habe mich mit einer Landtagsanfrage auf den Zahn gefühlt:
ANFRAGE-Neonaziaktivitaeten-02_2011 (pdf, 173 KB)
Mal schauen, was rauskommt....
Dann gibt es noch einen weiteren Bekenner, der auf einer einschlägigen Nazi-Seite mit "Deutschem Gruß" aus der "Ostmark" auf sich aufmerksam macht. Dem habe mich mit einer Landtagsanfrage auf den Zahn gefühlt:
ANFRAGE-Neonaziaktivitaeten-02_2011 (pdf, 173 KB)
Mal schauen, was rauskommt....
rauch - 17. Feb, 13:10
EURATOM-Volksbegehren wird behindert!
Zuerst - ausgerechnet - der Umweltminister, jetzt auch noch die Innenministerin. Das EURATOM-Volksbegeheren muss der Regierung ein Dorn im Auge sein.
Zuerst tritt Umweltminister Berlakovich in den VN massiv gegen das Volksbegehren auf und denunziert den Widerstand dagegen als "lokale Meinungsäußerungen", dann taucht ein Dokument auf, in dem das Innenministerium die Gemeinden darauf hinweist, dass eine Unterstützung z.B. durch das Zulassen von Werbemitteln am Gemeindeamt nicht erwünscht ist.
BMI-Euratom-VB (pdf, 86 KB)
Das setzt nahtlos die Linie fort, die ÖVP-Politiker in den letzten Jahren gefahren sind. Zuhause das Anti-Atomlied singen, in Brüssel und in den Etagen der Großkonzerne aber brav die Atomlobbyisten spielen. Ex-Kanzler Schüssel hat es auf diesem Weg bis in den Aufsichtsrat des (Atom-) Stromriesen RWE in Deutschland geschafft. Entsprechend honoriert, versteht sich.
Die Zustimmung zur Vergabe von EURATOM-Mitteln für die Bewerbung der Atomenergie auf europäischer Ebene ist ein weiteres Puzzle-Teilchen. Das Gesamtbild: Unglaubwürdigkeit von A - Z.
Zuerst tritt Umweltminister Berlakovich in den VN massiv gegen das Volksbegehren auf und denunziert den Widerstand dagegen als "lokale Meinungsäußerungen", dann taucht ein Dokument auf, in dem das Innenministerium die Gemeinden darauf hinweist, dass eine Unterstützung z.B. durch das Zulassen von Werbemitteln am Gemeindeamt nicht erwünscht ist.
BMI-Euratom-VB (pdf, 86 KB)
Das setzt nahtlos die Linie fort, die ÖVP-Politiker in den letzten Jahren gefahren sind. Zuhause das Anti-Atomlied singen, in Brüssel und in den Etagen der Großkonzerne aber brav die Atomlobbyisten spielen. Ex-Kanzler Schüssel hat es auf diesem Weg bis in den Aufsichtsrat des (Atom-) Stromriesen RWE in Deutschland geschafft. Entsprechend honoriert, versteht sich.
Die Zustimmung zur Vergabe von EURATOM-Mitteln für die Bewerbung der Atomenergie auf europäischer Ebene ist ein weiteres Puzzle-Teilchen. Das Gesamtbild: Unglaubwürdigkeit von A - Z.
rauch - 11. Feb, 10:39
Was tun, wenn das falsche Ergebnis herauskommt?...
Nun kann man zur ganzen PISA-Testerei stehen wie man will, aber wenn man einmal einen Standpunkt eingenommen hat, sollte man den auch stringent vertreten. Nicht so der Herr Bildungslandesrat Siegmund Stemer von der ÖVP Vorarlberg.
Zuerst wurde an PISA herumgemäkelt, dass die ganze Testerei nicht repräsentativ sei, wenig aussagekräftig, zu sehr an technischen Messgrössen orientiert, der Wirklichkeit an den Schulen nicht gerecht werdend undsoweiterundsofort. Mit einem Wort: mit PISA wollen wir nix zu tun haben.
Dann wollte man die schlechten Ergebnisse doch nicht auf sich sitzen lassen und gab, in der Annahme, man sei besser als der Rest Österreich, eine eigene Auswertung der letzten PISA-Studie, bezogen auf das Bundesland Vorarlberg in Auftrag. Kostenpunkt: 70.000 Euro. Ergebnis: keinen Deut besser, im Gegenteil, sogar noch eine Spur schlechter als der ohnehin miserable österreichische Schnitt. Bum. So hatte man das nun auch nicht gewollt.
Nach einer Schrecksekunde von mehreren Tagen die Meldung: wir wollen, dass die Ergebnisse aus 2009 noch einmal ausgewertet werden. Die können so nicht stimmen. Vermutlich sind wir (Österreich gesamt) besser, als kolportiert. Als Grund wird angegeben: so viele SchülerInnen hätten den Test "boykottiert".
Also was nun, Herr Landesrat: so lange testen, bis herauskommt, was Ihnen genehm ist? Eine Blankoverfügung der Tester, dass Vorarlberg weltweit in sowieso allen Disziplinen Klassenbester ist?
Bildungsdebatte auf österreichisch. Kein Wunder, dass sich nichts bewegt...
Zuerst wurde an PISA herumgemäkelt, dass die ganze Testerei nicht repräsentativ sei, wenig aussagekräftig, zu sehr an technischen Messgrössen orientiert, der Wirklichkeit an den Schulen nicht gerecht werdend undsoweiterundsofort. Mit einem Wort: mit PISA wollen wir nix zu tun haben.
Dann wollte man die schlechten Ergebnisse doch nicht auf sich sitzen lassen und gab, in der Annahme, man sei besser als der Rest Österreich, eine eigene Auswertung der letzten PISA-Studie, bezogen auf das Bundesland Vorarlberg in Auftrag. Kostenpunkt: 70.000 Euro. Ergebnis: keinen Deut besser, im Gegenteil, sogar noch eine Spur schlechter als der ohnehin miserable österreichische Schnitt. Bum. So hatte man das nun auch nicht gewollt.
Nach einer Schrecksekunde von mehreren Tagen die Meldung: wir wollen, dass die Ergebnisse aus 2009 noch einmal ausgewertet werden. Die können so nicht stimmen. Vermutlich sind wir (Österreich gesamt) besser, als kolportiert. Als Grund wird angegeben: so viele SchülerInnen hätten den Test "boykottiert".
Also was nun, Herr Landesrat: so lange testen, bis herauskommt, was Ihnen genehm ist? Eine Blankoverfügung der Tester, dass Vorarlberg weltweit in sowieso allen Disziplinen Klassenbester ist?
Bildungsdebatte auf österreichisch. Kein Wunder, dass sich nichts bewegt...
rauch - 9. Feb, 14:58
Bundesheer, Wehrpflicht undsoweiter
Die Position der Grünen zur Wehrpflichtsdebatte, die unprofessioneller nicht hätte eingefädelt werden können. Kein Wunder, war sie doch von Anfang an als strategisches Ablenkungsmanöver der SPÖ konzipiert (schon im Wiener Wahlkampf) und damit von vornherein verkorkst! Mit etwas mehr Sorgfalt geht es um mehr:
Die Sicherheit neu bestimmen
Das Bundesheer radikal reformieren
Die Wehrpflicht abschaffen
Die grüne Position zur militärischen Sicherheitspolitik
Wie so oft gibt die Geschichte grünen Ideen recht.
Seit vielen Jahren fordern die Grünen die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht in Österreich. Was als unrealistisch und teuer abgetan wurde, ist mittlerweile der europäische Normalfall geworden: Allein seit dem Jahr 2000 haben in Europa 17 Staaten die Wehrpflicht ausgesetzt oder gleich ganz abgeschafft:
• Albanien
• Bosnien
• Bulgarien
• Dänemark
• Frankreich
• Italien
• Lettland
• Litauen
• Polen
• Portugal
• Rumänien
• Schweden
• Slowakei
• Slowenien
• Spanien
• Tschechien
• Ungarn
• und im Herbst 2010 auch Deutschland.
Die Liste der Staaten, in denen junge Männer nach wie vor gegen ihren Willen zum Heer einrücken müssen, wird dagegen immer kürzer: In der EU sind das neben Österreich nur noch
• Estland
• Finnland
• und Griechenland.
Die Gründe liegen auf der Hand: nach dem Ende des kalten Krieges besteht für personenstarke Bodenarmeen kein Bedarf mehr. Zumindest in der EU ist die Zeit der „Landesverteidigung" im klassischen, territorialen Sinn vorbei.
Nach der Landesverteidigung
„Für die voraussehbare Zukunft besteht keine konventionelle militärische Bedrohung des österreichischen Staatsgebiets... Kräfte, die für die Verteidigung auf österreichischem Territorium gegen konventionelle Bedrohungen bestimmt sind, sind in der Präsenzstruktur des Österreichischen Bundesheeres daher nicht mehr im bisherigen Umfang erforderlich."
Das stellte die Bundesheerreformkommission in der Einleitung zu ihrem Bericht fest.
"In den nächsten Jahrzehnten wird die Landesverteidigung nicht mehr zu den Kernaufgaben des Bundesheeres gehören." Das erklärte Verteidigungsminister Darabos am 15. Dezember 2010 zurecht bei der internationalen Konferenz über die Zukunft der Wehrpflicht im Wiener Hotel Hilton.
Die europäische Einigung ändert für Staaten wie Österreich die sicherheitspolitischenLage vollkommen. Es gibt keinen Feind mehr, gegen den Österreich verteidigt werden müsste.
Doktrin
Die geltende Sicherheitsdoktrin, die im Nationalrat erarbeitet wurde, ist nicht mehr zeitgemäß. In einer neuen Doktrin müssen folgende Fragen beantwortet werden:
• Auf welche Bedrohungen muss Österreich in Zukunft militärische Antworten finden?
• In welcher Form und in welchem Ausmaß beteiligt sich Österreich an der gemeinsamen europäischen Sicherheitspolitik?
• Welchen militärischen Beitrag kann und will Österreich leisten?
• Was geschieht mit der Neutralität?
Bedrohungen
Die neuen Bedrohungen der österreichischen Sicherheit lauten:
• Energiekrise - der verschärfte Kampf um die fossilen Ressourcen
• Organisierte Kriminalität - das Eindringen von OK-Strukturen in Schlusselbereiche von Wirtschaft und Politik
• Terrorismus
• Regionale Kriege und Bürgerkriege mit internationalen Folgewirkungen.
Die neue Sicherheitspolitik muss von Anfang an klären, wer für die Abwehr der neuen Bedrohungen zuständig ist. Im Gegensatz zur Vergangenheit müssen die Antworten vor allem von der Energiepolitik, der Integrationspolitik, der Verteilungspolitik und der Politik der Inneren Sicherheit gefunden werden. Für das Militär bleibt eine einzige Schlüsselaufgabe: die Beteiligung an internationalen Friedenseinsätzen auf der Basis völkerrechtlich begründeter Mandate.
Vom Militär zur Polizei
Das Militär der Vergangenheit steht auf der Basis der Haager Landkriegsordnung von 1917. Sein vorherrschender Zweck ist das Verhindern oder Führen von Kriegen.
Das Militär der Zukunft steht auf der Basis des neuen Völkerrechts, dessen oberstes Prinzip nicht mehr die Beachtung der Souveränität der Staaten, sondern die Wahrung der Menschenrechte ist. Mit dem Sicherheitsrat der UNO und dem Internationalen Strafgerichtshof sind zwei Institutionen entstanden, die dem Militär Aufgaben in Art einer Polizei zuweisen. Wenn das Militär für sie tätig wird, befolgt es die Regeln eines entstehenden internationalen Strafprozessrechts. Es setzt die Urteile der Institutionen durch und wird so deren Polizei.
Damit vollzieht das Militär den Schritt vom Instrument der willkürlichen staatlichen Gewalt zum Organ globaler Rechtsstaatlichkeit. An der Spitze dieser Entwicklung steht die europäische Sicherheitspolitik.
Österreichs Beitrag in Europa
Österreich wird Teil eines gemeinsamen Systems der europäischen Sicherheit. Dabei liegt es im Interesse der EU, den Kern der Neutralität - keine Beteiligung an Kriegen, keine Mitgliedschaft in militärischen Bündnissen, keine Stationierung fremder Truppen - in die europäische Verfassung zu übernehmen.
Auf dieser Basis kann und muss das sicherheitspolitischen Verhältnis zwischen Europa und Nordamerika neu bestimmt werden - Augenhöhe statt Unterordnung.
Als Nichtmitglied der NATO kann und soll Österreich bei diesem Prozess eine Führungsrolle übernehmen.
Das neue System einer gemeinsamen europäischen Sicherheit entsteht. Es ist absehbar dass:
• auf der Basis der gemeinsamen Außenpolitik eine gemeinsame Sicherheitspolitik entsteht
• diese Sicherheitspolitik zu gemeinsamen Strukturen und letzten Endes zu einer gemeinsamen Verteidigung führt
• die Mitgliedsstaaten arbeitsteilig Aufgaben übernehmen.
Die EU hat die sicherheitspolitischen Ansprüche an ihre Mitglieder geändert. Statt der Abdeckung des vollen militärischen Spektrums durch jeden einzelnen Staat setzt die EU vermehrt auf Spezialisierung und Arbeitsteilung.
Daher soll das österreichische Angebot in der Doktrin neu bestimmt werden:
1. Österreich verzichtet auf die Abdeckung des gesamten Spektrums und konzentriert sich auf die unteren Petersberg-Aufgaben.
2. Damit spezialisiert sich Österreich auf polizeiartige Einsatze zur Friedenssicherung und auf Einsätze im Rahmen der internationalen Katastrophenhilfe.
3. Daher wird Österreich nicht an Battle Groups teilnehmen.
4. Zur Erfüllung dieser Aufgaben werden Einheiten der leichten Infanterie, der Pioniere und des ABC-Schutzes verstärkt und modernisiert.
5. Als Prinzip der Nichtteilnahme an militärischen Bündnissen und an Kriegen und des Verbots der Stationierung fremder Truppen bleibt die Neutralität erhalten.
Mit diesen fünf Punkten ist die Sicherheitspolitik Österreichs neu bestimmt.
Wieviel Bundesheer?
Zur Erfüllung dieser Aufgaben braucht Österreich eine Einheit von rund 6000 Personen. Dazu kommen bei einem vernünftigen Truppe-Verwaltungs-Verhältnis von 2:1 weiter 3000 Personen und zusätzliche 500 Personen für den Bereich der Aufklärung. Mehr ist nicht notwendig.
5.000 dieser Personen sollen als ZeitsoldatInnen das Rückgrat der neuen Streitkräfte bilden. Ihr Dienst von internationalen Friedenseinsätzen bis zur Katastrophenhilfe soll von vornherein auf zehn Jahre beschränkt werden.
Rund 10.000 statt 22.400 - so groß ist das Einsparungspotential beim Übergang zur neuen Sicherheitspolitik.
Mit dem neuen Bundesheer werden überflüssig:
• Waffen und Waffengattungen wie Kampfpanzer, Artillerie und Eurofighter
• die dazugehörigen Einheiten
• Landesmilitärkommanden
• rund die Hälfte des Verteidigungsministeriums
• der Großteil der Liegenschaften
• die Miliz
• und damit die Wehrpflicht.
An ihrer Stelle braucht die Einheit:
• modernste Personenausrüstung (insbesondere Kommunikation)
• Transport (geschützte Fahrzeuge, Hubschrauber, Transportflugzeuge)
• Gerät (für Pioniere etc.)
• Aufklärung (HNaA)
• Ausbildung und Logistik.
Ziel: Polizei
Schlechte Erfahrungen mit Berufsheeren wie in Belgien zeigen: Die ZeitsoldatInnen brauchen eine Perspektive, die über ihren militärischen Dienst hinausgeht. Wenn das Angebot "schlecht bezahlter Berufssoldat" lautet, werden sich - wie etwa in Belgien - die Falschen melden. Die künftigen ZeitsoldatInnen brauchen vor allem eines: eine berufliche Lebensperspektive.
Nach zehn Jahren sollen sie eine klare Zukunft haben: in der Polizei. In Konflikten und mit unterschiedlichen Kulturen erfahrene Kräfte eignen sich in besonderem Maße für Aufgaben der öffentlichen Sicherheit.
Die Basis dafür soll eine gemeinsame Ausbildung von Polizisten und Zeitsoldaten und deren Recht, nach Beendigung ihres militärischen Dienstes in die Polizei übernommen zu werden, legen.
Für diesen neuen Sicherheitsberuf werden sich dann nicht "Söldner", sondern sachlich und charakterlich geeignete Menscehn finden.
Katastrophenschutz
Militärischer Katastrophenschutz ist Verschwendung. Mit einem Bruchteil der Mittel können wie in anderen Staaten zivile Strukturen das Militär im Katastrophenschutz ersetzen.
Vorbild für die Reform ist das Technische Hilfswerk der BRD. In seinem Zentrum stehen die Pioniere als einzige militärische Einheit mfur schnelle und anspruchsvolle Einsätze.
Abschaffung der Wehrpflicht
Alle Parteien sind sich in einem Punkt einig: Präsenzdiener sollen nicht für internationale Einsätze herangezogen werden. Damit ist klar: Wer das Bundesheer reformiert, schafft die Wehrpflicht ab.
Rund 24.000 junge Männer werden nach wie vor Jahr für Jahr zum Präsenzdienst gezwungen.
Dazu kommt eine steigende Anzahl von rund 14.000 Zivildienern.
Mit der Beendigung der Wehrpflicht kann der Zwangsdienst von 38.000 jungen Männern pro Jahr abgeschafft werden.
Wir schlagen vor:
• Aussetzung der Einberufung ab 1. Oktober 2011
• Novellierung des Wehrgesetzes mit Streichung der allgemeinen Wehrpflicht noch vor dem Jahreswechsel
• damit Garantie, dass ab 1. Jänner 2011 niemand mehr zu einem Zwangsdienst einberufen wird.
Der Zivildienst soll auf ein Freiwilligenmodell mit entsprechenden Anreizen (Sozialversicherung, Bezahlung, Anrechenbarkeit auf berufsspezifische Ausbildungen) umgestellt werden. Dazu haben die Grünen ebenfalls schon vor Jahren das Modell „Austrovolontariat" vorgestellt.
Die Entwicklung in Europa wird auch vor Österreich nicht Halt machen. Die Wehrpflicht wird abgeschafft. Es ist Aufgabe einer verantwortungsvollen Sicherheitspolitik, diesen Schritt rechtzeitig seriös vorzubereiten.
Volksabstimmung
Eine vernünftige Sicherheitspolitik beginnt mit der Erarbeitung einer Doktrin. Auf deren Basis wird dann festgestellt, welche militärischen Mittel zur Erfüllung der Aufgaben bereitgestellt werden müssen. Dann kannn geklärt werden, ob im neuen System auf die Wehrpflicht verzichtet werden kann.
Der Streit in der Regierung und das verantwortungslose Verhalten des Verteidigungsministers lassen nicht zu, diesen Weg zu gehen. Solange nicht über die Zukunft der Wehrpflicht entschieden ist, ist jeder sachliche Neubeginn in der Sicherheitspolitik versperrt.
Da sich SPÖ und ÖVP in dieser Frage nicht einigen können, gibt es nur einen Ausweg: einen baldigen Volksentscheid. SPÖ und ÖVP haben eine Volksbefragung versprochen. Die werden wir am Freitag im Nationalrat beantragen. Wir werden sehen, was das Wort von Darabo, Pröll und Faymann wert ist.
Weil es aber letzten Endes um eine Änderung der Bundesverfassung geht, bevorzugen wir eine Volksabstimmung. Sie hat einen weiteren Vorteil: Sie verpflichtet die Regierung ohne jede Möglichkeit zur Ausflucht.
Der Weg dazu führt entweder über die Zustimmung einer Mehrheit des Nationalrats - oder über ein Volksbegehren.
Die Sicherheit neu bestimmen
Das Bundesheer radikal reformieren
Die Wehrpflicht abschaffen
Die grüne Position zur militärischen Sicherheitspolitik
Wie so oft gibt die Geschichte grünen Ideen recht.
Seit vielen Jahren fordern die Grünen die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht in Österreich. Was als unrealistisch und teuer abgetan wurde, ist mittlerweile der europäische Normalfall geworden: Allein seit dem Jahr 2000 haben in Europa 17 Staaten die Wehrpflicht ausgesetzt oder gleich ganz abgeschafft:
• Albanien
• Bosnien
• Bulgarien
• Dänemark
• Frankreich
• Italien
• Lettland
• Litauen
• Polen
• Portugal
• Rumänien
• Schweden
• Slowakei
• Slowenien
• Spanien
• Tschechien
• Ungarn
• und im Herbst 2010 auch Deutschland.
Die Liste der Staaten, in denen junge Männer nach wie vor gegen ihren Willen zum Heer einrücken müssen, wird dagegen immer kürzer: In der EU sind das neben Österreich nur noch
• Estland
• Finnland
• und Griechenland.
Die Gründe liegen auf der Hand: nach dem Ende des kalten Krieges besteht für personenstarke Bodenarmeen kein Bedarf mehr. Zumindest in der EU ist die Zeit der „Landesverteidigung" im klassischen, territorialen Sinn vorbei.
Nach der Landesverteidigung
„Für die voraussehbare Zukunft besteht keine konventionelle militärische Bedrohung des österreichischen Staatsgebiets... Kräfte, die für die Verteidigung auf österreichischem Territorium gegen konventionelle Bedrohungen bestimmt sind, sind in der Präsenzstruktur des Österreichischen Bundesheeres daher nicht mehr im bisherigen Umfang erforderlich."
Das stellte die Bundesheerreformkommission in der Einleitung zu ihrem Bericht fest.
"In den nächsten Jahrzehnten wird die Landesverteidigung nicht mehr zu den Kernaufgaben des Bundesheeres gehören." Das erklärte Verteidigungsminister Darabos am 15. Dezember 2010 zurecht bei der internationalen Konferenz über die Zukunft der Wehrpflicht im Wiener Hotel Hilton.
Die europäische Einigung ändert für Staaten wie Österreich die sicherheitspolitischenLage vollkommen. Es gibt keinen Feind mehr, gegen den Österreich verteidigt werden müsste.
Doktrin
Die geltende Sicherheitsdoktrin, die im Nationalrat erarbeitet wurde, ist nicht mehr zeitgemäß. In einer neuen Doktrin müssen folgende Fragen beantwortet werden:
• Auf welche Bedrohungen muss Österreich in Zukunft militärische Antworten finden?
• In welcher Form und in welchem Ausmaß beteiligt sich Österreich an der gemeinsamen europäischen Sicherheitspolitik?
• Welchen militärischen Beitrag kann und will Österreich leisten?
• Was geschieht mit der Neutralität?
Bedrohungen
Die neuen Bedrohungen der österreichischen Sicherheit lauten:
• Energiekrise - der verschärfte Kampf um die fossilen Ressourcen
• Organisierte Kriminalität - das Eindringen von OK-Strukturen in Schlusselbereiche von Wirtschaft und Politik
• Terrorismus
• Regionale Kriege und Bürgerkriege mit internationalen Folgewirkungen.
Die neue Sicherheitspolitik muss von Anfang an klären, wer für die Abwehr der neuen Bedrohungen zuständig ist. Im Gegensatz zur Vergangenheit müssen die Antworten vor allem von der Energiepolitik, der Integrationspolitik, der Verteilungspolitik und der Politik der Inneren Sicherheit gefunden werden. Für das Militär bleibt eine einzige Schlüsselaufgabe: die Beteiligung an internationalen Friedenseinsätzen auf der Basis völkerrechtlich begründeter Mandate.
Vom Militär zur Polizei
Das Militär der Vergangenheit steht auf der Basis der Haager Landkriegsordnung von 1917. Sein vorherrschender Zweck ist das Verhindern oder Führen von Kriegen.
Das Militär der Zukunft steht auf der Basis des neuen Völkerrechts, dessen oberstes Prinzip nicht mehr die Beachtung der Souveränität der Staaten, sondern die Wahrung der Menschenrechte ist. Mit dem Sicherheitsrat der UNO und dem Internationalen Strafgerichtshof sind zwei Institutionen entstanden, die dem Militär Aufgaben in Art einer Polizei zuweisen. Wenn das Militär für sie tätig wird, befolgt es die Regeln eines entstehenden internationalen Strafprozessrechts. Es setzt die Urteile der Institutionen durch und wird so deren Polizei.
Damit vollzieht das Militär den Schritt vom Instrument der willkürlichen staatlichen Gewalt zum Organ globaler Rechtsstaatlichkeit. An der Spitze dieser Entwicklung steht die europäische Sicherheitspolitik.
Österreichs Beitrag in Europa
Österreich wird Teil eines gemeinsamen Systems der europäischen Sicherheit. Dabei liegt es im Interesse der EU, den Kern der Neutralität - keine Beteiligung an Kriegen, keine Mitgliedschaft in militärischen Bündnissen, keine Stationierung fremder Truppen - in die europäische Verfassung zu übernehmen.
Auf dieser Basis kann und muss das sicherheitspolitischen Verhältnis zwischen Europa und Nordamerika neu bestimmt werden - Augenhöhe statt Unterordnung.
Als Nichtmitglied der NATO kann und soll Österreich bei diesem Prozess eine Führungsrolle übernehmen.
Das neue System einer gemeinsamen europäischen Sicherheit entsteht. Es ist absehbar dass:
• auf der Basis der gemeinsamen Außenpolitik eine gemeinsame Sicherheitspolitik entsteht
• diese Sicherheitspolitik zu gemeinsamen Strukturen und letzten Endes zu einer gemeinsamen Verteidigung führt
• die Mitgliedsstaaten arbeitsteilig Aufgaben übernehmen.
Die EU hat die sicherheitspolitischen Ansprüche an ihre Mitglieder geändert. Statt der Abdeckung des vollen militärischen Spektrums durch jeden einzelnen Staat setzt die EU vermehrt auf Spezialisierung und Arbeitsteilung.
Daher soll das österreichische Angebot in der Doktrin neu bestimmt werden:
1. Österreich verzichtet auf die Abdeckung des gesamten Spektrums und konzentriert sich auf die unteren Petersberg-Aufgaben.
2. Damit spezialisiert sich Österreich auf polizeiartige Einsatze zur Friedenssicherung und auf Einsätze im Rahmen der internationalen Katastrophenhilfe.
3. Daher wird Österreich nicht an Battle Groups teilnehmen.
4. Zur Erfüllung dieser Aufgaben werden Einheiten der leichten Infanterie, der Pioniere und des ABC-Schutzes verstärkt und modernisiert.
5. Als Prinzip der Nichtteilnahme an militärischen Bündnissen und an Kriegen und des Verbots der Stationierung fremder Truppen bleibt die Neutralität erhalten.
Mit diesen fünf Punkten ist die Sicherheitspolitik Österreichs neu bestimmt.
Wieviel Bundesheer?
Zur Erfüllung dieser Aufgaben braucht Österreich eine Einheit von rund 6000 Personen. Dazu kommen bei einem vernünftigen Truppe-Verwaltungs-Verhältnis von 2:1 weiter 3000 Personen und zusätzliche 500 Personen für den Bereich der Aufklärung. Mehr ist nicht notwendig.
5.000 dieser Personen sollen als ZeitsoldatInnen das Rückgrat der neuen Streitkräfte bilden. Ihr Dienst von internationalen Friedenseinsätzen bis zur Katastrophenhilfe soll von vornherein auf zehn Jahre beschränkt werden.
Rund 10.000 statt 22.400 - so groß ist das Einsparungspotential beim Übergang zur neuen Sicherheitspolitik.
Mit dem neuen Bundesheer werden überflüssig:
• Waffen und Waffengattungen wie Kampfpanzer, Artillerie und Eurofighter
• die dazugehörigen Einheiten
• Landesmilitärkommanden
• rund die Hälfte des Verteidigungsministeriums
• der Großteil der Liegenschaften
• die Miliz
• und damit die Wehrpflicht.
An ihrer Stelle braucht die Einheit:
• modernste Personenausrüstung (insbesondere Kommunikation)
• Transport (geschützte Fahrzeuge, Hubschrauber, Transportflugzeuge)
• Gerät (für Pioniere etc.)
• Aufklärung (HNaA)
• Ausbildung und Logistik.
Ziel: Polizei
Schlechte Erfahrungen mit Berufsheeren wie in Belgien zeigen: Die ZeitsoldatInnen brauchen eine Perspektive, die über ihren militärischen Dienst hinausgeht. Wenn das Angebot "schlecht bezahlter Berufssoldat" lautet, werden sich - wie etwa in Belgien - die Falschen melden. Die künftigen ZeitsoldatInnen brauchen vor allem eines: eine berufliche Lebensperspektive.
Nach zehn Jahren sollen sie eine klare Zukunft haben: in der Polizei. In Konflikten und mit unterschiedlichen Kulturen erfahrene Kräfte eignen sich in besonderem Maße für Aufgaben der öffentlichen Sicherheit.
Die Basis dafür soll eine gemeinsame Ausbildung von Polizisten und Zeitsoldaten und deren Recht, nach Beendigung ihres militärischen Dienstes in die Polizei übernommen zu werden, legen.
Für diesen neuen Sicherheitsberuf werden sich dann nicht "Söldner", sondern sachlich und charakterlich geeignete Menscehn finden.
Katastrophenschutz
Militärischer Katastrophenschutz ist Verschwendung. Mit einem Bruchteil der Mittel können wie in anderen Staaten zivile Strukturen das Militär im Katastrophenschutz ersetzen.
Vorbild für die Reform ist das Technische Hilfswerk der BRD. In seinem Zentrum stehen die Pioniere als einzige militärische Einheit mfur schnelle und anspruchsvolle Einsätze.
Abschaffung der Wehrpflicht
Alle Parteien sind sich in einem Punkt einig: Präsenzdiener sollen nicht für internationale Einsätze herangezogen werden. Damit ist klar: Wer das Bundesheer reformiert, schafft die Wehrpflicht ab.
Rund 24.000 junge Männer werden nach wie vor Jahr für Jahr zum Präsenzdienst gezwungen.
Dazu kommt eine steigende Anzahl von rund 14.000 Zivildienern.
Mit der Beendigung der Wehrpflicht kann der Zwangsdienst von 38.000 jungen Männern pro Jahr abgeschafft werden.
Wir schlagen vor:
• Aussetzung der Einberufung ab 1. Oktober 2011
• Novellierung des Wehrgesetzes mit Streichung der allgemeinen Wehrpflicht noch vor dem Jahreswechsel
• damit Garantie, dass ab 1. Jänner 2011 niemand mehr zu einem Zwangsdienst einberufen wird.
Der Zivildienst soll auf ein Freiwilligenmodell mit entsprechenden Anreizen (Sozialversicherung, Bezahlung, Anrechenbarkeit auf berufsspezifische Ausbildungen) umgestellt werden. Dazu haben die Grünen ebenfalls schon vor Jahren das Modell „Austrovolontariat" vorgestellt.
Die Entwicklung in Europa wird auch vor Österreich nicht Halt machen. Die Wehrpflicht wird abgeschafft. Es ist Aufgabe einer verantwortungsvollen Sicherheitspolitik, diesen Schritt rechtzeitig seriös vorzubereiten.
Volksabstimmung
Eine vernünftige Sicherheitspolitik beginnt mit der Erarbeitung einer Doktrin. Auf deren Basis wird dann festgestellt, welche militärischen Mittel zur Erfüllung der Aufgaben bereitgestellt werden müssen. Dann kannn geklärt werden, ob im neuen System auf die Wehrpflicht verzichtet werden kann.
Der Streit in der Regierung und das verantwortungslose Verhalten des Verteidigungsministers lassen nicht zu, diesen Weg zu gehen. Solange nicht über die Zukunft der Wehrpflicht entschieden ist, ist jeder sachliche Neubeginn in der Sicherheitspolitik versperrt.
Da sich SPÖ und ÖVP in dieser Frage nicht einigen können, gibt es nur einen Ausweg: einen baldigen Volksentscheid. SPÖ und ÖVP haben eine Volksbefragung versprochen. Die werden wir am Freitag im Nationalrat beantragen. Wir werden sehen, was das Wort von Darabo, Pröll und Faymann wert ist.
Weil es aber letzten Endes um eine Änderung der Bundesverfassung geht, bevorzugen wir eine Volksabstimmung. Sie hat einen weiteren Vorteil: Sie verpflichtet die Regierung ohne jede Möglichkeit zur Ausflucht.
Der Weg dazu führt entweder über die Zustimmung einer Mehrheit des Nationalrats - oder über ein Volksbegehren.
rauch - 4. Feb, 09:43
Selbstaufgabe des Landtags
Anfragendebatte „Fall Cain“
Landtagssitzung 2.2.2010
Frau Präsidentin, Hoher Landtag!
In der ersten Stunde, bei der ersten Anfragendebatte zu diesem tragischen Fall, wurden bereits einige Aspekte angesprochen. Aber bei weitem noch nicht alle. Zum Beispiel jener, dass Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, über ein politisches Kurzzeitgedächtnis verfügen, dem man fortlaufend auf die Sprünge helfen muss. Im November 2009 haben wir den Prüfbericht über die Jugendwohlfahrt des Landesrechnungshofes diskutiert. Ein Prüfbericht, der übrigens seit Juni 2009 vorlag und nur aufgrund der Landtagswahlen so spät im Landtag behandelt wurde – ich komme darauf zurück.
Weil Sie, Frau Landesrätin, schon damals im Eck gestanden sind, weil herausgekommen ist, dass es an allen Ecken und Enden an Personal mangelt, hat die Frau Landtagsvizepräsidentin Nußbaumer zu Ihrer Verteidigung folgendes ausgeführt. (Ich zitiere, mit Erlaubnis der Frau Präsidentin):
Wenn die vereinte Opposition sich im Anschluss gleich auf die Personalsituation in den BH's, Abteilung Jugendwohlfahrt, einschießen wird, möchte ich vorher noch ein paar Dinge klarstellen: Erstens, die vielseitigen Problemstellungen, die in den letzten Jahren auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jugendwohlfahrt eingeströmt sind, bedingen eine umfassende Organisations- und Personalentwicklung. Dieser Prozess wurde im Frühjahr dieses Jahres gestartet und soll im nächsten Frühjahr abgeschlossen werden. Zweitens, es wird auf Bundesebene ein neues "Bundesgesetz über die Grundsätze für Hilfen für Familien und Erziehungshilfen für Kinder und Jugendliche", so der sperrige Titel, kurz gefasst das "Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz", erarbeitet, das in wesentlichen Bereichen völlig neue Voraussetzungen schaffen wird. Ich nenne nur das so genannte Vier-Augen-Prinzip, das sicher richtig ist, sich aber natürlich auch auf die Personalsituation auswirken wird. Meine bescheidene Bitte ist nun, die wenigen Monate bis zur Klärung dieser beiden wichtigen Weichenstellungen abzuwarten, besonders vor dem Hintergrund, dass ohnehin eine Aufstockung in den Jugendwohlfahrtsbehörden für das kommende Jahr vorgesehen ist.
Nun haben wir diese „wenigen Monate“ zugewartet und was hat sich gezeigt: das Bundesgesetz liegt weiterhin in der Schublade, weil die Länder hinhaltenden Widerstand leisten – es ist ihnen schlicht zu teuer. Die Personalaufstockung erfolgte trotz Zusicherung erst nach einer veritablen medialen Kampagne, die soweit ging, dass Sie der wartenden Presse vor der Türe schlicht und einfach irgend ein Ergebnis präsentieren mussten. Das Vier-Augen-Prinzip, von dem behauptet wurde, es sei zwar nicht gesetzlich verankert, werde aber in Vorarlberg praktiziert, hat sich im Kontrollausschuss zum Fall Cain in Luft aufgelöst – was diesen Punkt betrifft, wurden wir schlicht und einfach angelogen. Besonders peinlich sind in diesem Zusammenhang die Debattenbeiträge der ÖVP, als wir den Prüfbericht diskutiert haben. Bereits damals hat sich nämlich gezeigt, dass die Jugendwohlfahrtsabteilungen aufgrund von Personalmangel manche Abklärungen nur telefonisch machen können. Sie haben das damals auch noch verteidigt, allen voran der in Jugendwohlfahrtsfragen so beschlagene Abgeordnete Winsauer. Ich habe Ihnen damals schon erklärt, dass telefonische Abklärungen in der Jugendwohlfahrt in den allermeisten Fällen ein Ding der Unmöglichkeit sind, weil nur VOR ORT eingeschätzt werden kann, ob tatsächlich eine Gefährdung vorliegt oder nicht.
Sie haben das – wie immer, wenn Kritik an Sie herangetragen wird, ignoriert.
Faktum ist, meine Damen und Herren, dass Sie spätestens mit Vorliegen des Rechnungshofberichtes im Juni 2009 über schwerwiegende Personalmängel in der Jugendwohlfahrt informiert waren, dass Sie spätestens seit Juni 2009 wussten, dass äußerst heikle Abklärungen eben aufgrund dieses Personalmangels in bis zu einem Drittel der Fälle telefonisch erfolgt. Ebenfalls seit diesem Zeitpunkt wussten Sie auch, dass die Fallzahlen bei den Jugendwohlfahrtsabteilungen in den letzten fünf Jahren um 60% gestiegen sind, das Personal aber lediglich um 40% - ausgehend von einer schon vorher unzumutbaren Unterbesetzung. Faktum ist damit, dass die von Ihnen nach massivem öffentlichem und politischem Druck zum Jahresende vorgenommenen Aufstockungen nicht einmal ausreichen, um das System von „Notbetrieb“ auf „Normalbetrieb“ zu bekommen.
Ihre Reaktionszeit, Frau Landesrätin, bei offenkundigen Mängeln im System beträgt nicht „wenige Monate“, sondern Jahre. Das war bei den Missständen in der Pflege so, das ist auch in der Jugendwohlfahrt so.
Zur Frage der Kontrolle und der Untersuchung von möglichen Missständen.
Dass Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, aufgrund Ihrer Alleinherrschaft in diesem Land ein gestörtes Verhältnis zur Kontrolle der Regierung haben, ist nicht neu.
Von Ihnen wird genau so viel Kontrolle zugelassen, wie Sie aufgrund des öffentlichen Druckes müssen. Reagiert wird nur, wenn wieder eine für Sie als Regierende ziemlich peinliche Sache passiert ist.
Dass Sie im „Fall Cain“ die Einsetzung einer Untersuchungskommission verweigern passt ins Bild. Mit dem peinlichen und schwachbrüstigen Argument, eine UK könne nicht mehr zur Aufklärung beitragen als Staatsanwaltschaft und die Eberle-Kommission versuchen Sie folgendes abzuwenden:
- das Recht auf uneingeschränkte Akteneinsicht für die Mitglieder der UK
- das uneingeschränkte Recht der UK, Auskunftspersonen vorzuladen, die unter Wahrheitspflicht befragt werden können
- das Recht er UK, Behörden Aufträge zur lückenlosen Ermittlung zu erteilen
- die Tatsache, dass in einer UK, im Unterschied zu sämtlichen anderen Gremien im Lande Vorarlberg, NICHT die ÖVP die Mehrheit hat, sondern die Opposition
Allein die letztgenannte Tatsache dürfte Ihnen derart unangenehm sein, dass schon damit eine UK für Sie nicht in Frage kommt. Vollends überflüssig erscheint Ihnen letztlich wohl, dass eine UK auch die politische Verantwortung zu untersuchen und zu klären hat. Üblicherweise ist das in einer Demokratie so: die Regierung hat sich gegenüber dem Parlament politisch zu verantworten.
Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, haben im gegebenen Anlassfall bisher fast ausschließlich Ihre Beamten vorgeschickt. Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, betrauen auch jetzt den ranghöchsten Beamten des Landes mit der Leitung der Untersuchung. Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, verweigern damit dem Landtag die ihm verfassungs- und rechtmässig zustehende Kontrollfunktion der Regierung. Sie haben schon bei der Verankerung der UK in der Verfassung dafür gesorgt, dass eine UK praktisch nur über die politische Leiche Ihrer absoluten Mehrheit eingerichtet werden kann – und haben damit schon von Anbeginn an deklariert, was Sie davon halten: nichts.
Mit entwaffnender Offenheit ist damit auch dokumentiert, was Sie von parlamentarischer Kontrolle, von Opposition an sich halten, mehrfach untermauert durch Wortmeldungen Ihrerseits in der jüngeren Vergangenheit:
Wer als Oppositionspartei in diesem Haus seine Aufgabe ernst nimmt, wird von Ihnen bezichtigt, zuständige Regierungsmitglieder „anzuschütten“ und hart arbeitende MitarbeiterInnen in geprüften Einrichtungen „systematisch schlecht zu machen“.
Wer Kritik am System (der Pflege, der Jugendwohlfahrt...) übt, wird aufgefordert, die Fälle auf den Tisch zu legen.
Wer Einzelfälle auf den Tisch legt, dem wird „Schlechtmacherei“ vorgeworfen und bezichtigt, mit Einzelfällen „politisches Kleingeld“ wechseln zu wollen.
Wer, nachdem ein dreijähriges Kind unter besonders tragischen Umständen zu Tode gekommen ist, umfassende Aufklärung und Darlegung aller Fakten verlangt, dem wird das verweigert.
Bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit tragen Sie die Monstranz des Föderalismus spazieren und beschwören die Eigenständigkeit der Länder und die Wichtigkeit der Landtage. Heuer im Mai feiern Sie in einem ländlichen Staatsakt 150 Jahre Landtag. Will aber der Landtag einmal in aller Konsequenz wahrnehmen, wozu er auch gewählt wurde, nämlich die schonungs- und lückenlose Kontrolle der Regierung durch die Einsetzung einer UK, einmal in 150 Jahren!, verweigern Sie ihm dieses Recht mit einer Arroganz und Selbstgefälligkeit, an die ich mich als Oppositionspolitiker zwar schon gewöhnt habe, mit der ich mich aber als frei gewählter Mandatar – und Sie alle, meine Damen und Herren von der ÖVP, haben auch ein freies Mandat – niemals abfinden werde!
Sie verweigern uns eine UK. Sie haben uns, einmal mehr überstimmt. Bravo. Was Sie nicht begreifen wollen, meine Damen und Herren von der ÖVP, ist, dass Sie durch Ihr Verhalten als Anhängsel der Regierung dabei sind, sich selber abzuschaffen, weil Sie den Landtag zum Anbetungsverein der Landesregierung degradieren.
Die Verweigerung der Kontrolle ist beschämend. Die Selbstabschaffung durch Selbstaufgabe hingegen ist gespenstisch und beklemmend.
Aber nicht einmal das merken Sie.
PS: Andreas Dünser sieht die Selbstaufgabe des Landtages in seinem heutigen Kommentar in den VN genauso wie ich.
Landtagssitzung 2.2.2010
Frau Präsidentin, Hoher Landtag!
In der ersten Stunde, bei der ersten Anfragendebatte zu diesem tragischen Fall, wurden bereits einige Aspekte angesprochen. Aber bei weitem noch nicht alle. Zum Beispiel jener, dass Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, über ein politisches Kurzzeitgedächtnis verfügen, dem man fortlaufend auf die Sprünge helfen muss. Im November 2009 haben wir den Prüfbericht über die Jugendwohlfahrt des Landesrechnungshofes diskutiert. Ein Prüfbericht, der übrigens seit Juni 2009 vorlag und nur aufgrund der Landtagswahlen so spät im Landtag behandelt wurde – ich komme darauf zurück.
Weil Sie, Frau Landesrätin, schon damals im Eck gestanden sind, weil herausgekommen ist, dass es an allen Ecken und Enden an Personal mangelt, hat die Frau Landtagsvizepräsidentin Nußbaumer zu Ihrer Verteidigung folgendes ausgeführt. (Ich zitiere, mit Erlaubnis der Frau Präsidentin):
Wenn die vereinte Opposition sich im Anschluss gleich auf die Personalsituation in den BH's, Abteilung Jugendwohlfahrt, einschießen wird, möchte ich vorher noch ein paar Dinge klarstellen: Erstens, die vielseitigen Problemstellungen, die in den letzten Jahren auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jugendwohlfahrt eingeströmt sind, bedingen eine umfassende Organisations- und Personalentwicklung. Dieser Prozess wurde im Frühjahr dieses Jahres gestartet und soll im nächsten Frühjahr abgeschlossen werden. Zweitens, es wird auf Bundesebene ein neues "Bundesgesetz über die Grundsätze für Hilfen für Familien und Erziehungshilfen für Kinder und Jugendliche", so der sperrige Titel, kurz gefasst das "Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz", erarbeitet, das in wesentlichen Bereichen völlig neue Voraussetzungen schaffen wird. Ich nenne nur das so genannte Vier-Augen-Prinzip, das sicher richtig ist, sich aber natürlich auch auf die Personalsituation auswirken wird. Meine bescheidene Bitte ist nun, die wenigen Monate bis zur Klärung dieser beiden wichtigen Weichenstellungen abzuwarten, besonders vor dem Hintergrund, dass ohnehin eine Aufstockung in den Jugendwohlfahrtsbehörden für das kommende Jahr vorgesehen ist.
Nun haben wir diese „wenigen Monate“ zugewartet und was hat sich gezeigt: das Bundesgesetz liegt weiterhin in der Schublade, weil die Länder hinhaltenden Widerstand leisten – es ist ihnen schlicht zu teuer. Die Personalaufstockung erfolgte trotz Zusicherung erst nach einer veritablen medialen Kampagne, die soweit ging, dass Sie der wartenden Presse vor der Türe schlicht und einfach irgend ein Ergebnis präsentieren mussten. Das Vier-Augen-Prinzip, von dem behauptet wurde, es sei zwar nicht gesetzlich verankert, werde aber in Vorarlberg praktiziert, hat sich im Kontrollausschuss zum Fall Cain in Luft aufgelöst – was diesen Punkt betrifft, wurden wir schlicht und einfach angelogen. Besonders peinlich sind in diesem Zusammenhang die Debattenbeiträge der ÖVP, als wir den Prüfbericht diskutiert haben. Bereits damals hat sich nämlich gezeigt, dass die Jugendwohlfahrtsabteilungen aufgrund von Personalmangel manche Abklärungen nur telefonisch machen können. Sie haben das damals auch noch verteidigt, allen voran der in Jugendwohlfahrtsfragen so beschlagene Abgeordnete Winsauer. Ich habe Ihnen damals schon erklärt, dass telefonische Abklärungen in der Jugendwohlfahrt in den allermeisten Fällen ein Ding der Unmöglichkeit sind, weil nur VOR ORT eingeschätzt werden kann, ob tatsächlich eine Gefährdung vorliegt oder nicht.
Sie haben das – wie immer, wenn Kritik an Sie herangetragen wird, ignoriert.
Faktum ist, meine Damen und Herren, dass Sie spätestens mit Vorliegen des Rechnungshofberichtes im Juni 2009 über schwerwiegende Personalmängel in der Jugendwohlfahrt informiert waren, dass Sie spätestens seit Juni 2009 wussten, dass äußerst heikle Abklärungen eben aufgrund dieses Personalmangels in bis zu einem Drittel der Fälle telefonisch erfolgt. Ebenfalls seit diesem Zeitpunkt wussten Sie auch, dass die Fallzahlen bei den Jugendwohlfahrtsabteilungen in den letzten fünf Jahren um 60% gestiegen sind, das Personal aber lediglich um 40% - ausgehend von einer schon vorher unzumutbaren Unterbesetzung. Faktum ist damit, dass die von Ihnen nach massivem öffentlichem und politischem Druck zum Jahresende vorgenommenen Aufstockungen nicht einmal ausreichen, um das System von „Notbetrieb“ auf „Normalbetrieb“ zu bekommen.
Ihre Reaktionszeit, Frau Landesrätin, bei offenkundigen Mängeln im System beträgt nicht „wenige Monate“, sondern Jahre. Das war bei den Missständen in der Pflege so, das ist auch in der Jugendwohlfahrt so.
Zur Frage der Kontrolle und der Untersuchung von möglichen Missständen.
Dass Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, aufgrund Ihrer Alleinherrschaft in diesem Land ein gestörtes Verhältnis zur Kontrolle der Regierung haben, ist nicht neu.
Von Ihnen wird genau so viel Kontrolle zugelassen, wie Sie aufgrund des öffentlichen Druckes müssen. Reagiert wird nur, wenn wieder eine für Sie als Regierende ziemlich peinliche Sache passiert ist.
Dass Sie im „Fall Cain“ die Einsetzung einer Untersuchungskommission verweigern passt ins Bild. Mit dem peinlichen und schwachbrüstigen Argument, eine UK könne nicht mehr zur Aufklärung beitragen als Staatsanwaltschaft und die Eberle-Kommission versuchen Sie folgendes abzuwenden:
- das Recht auf uneingeschränkte Akteneinsicht für die Mitglieder der UK
- das uneingeschränkte Recht der UK, Auskunftspersonen vorzuladen, die unter Wahrheitspflicht befragt werden können
- das Recht er UK, Behörden Aufträge zur lückenlosen Ermittlung zu erteilen
- die Tatsache, dass in einer UK, im Unterschied zu sämtlichen anderen Gremien im Lande Vorarlberg, NICHT die ÖVP die Mehrheit hat, sondern die Opposition
Allein die letztgenannte Tatsache dürfte Ihnen derart unangenehm sein, dass schon damit eine UK für Sie nicht in Frage kommt. Vollends überflüssig erscheint Ihnen letztlich wohl, dass eine UK auch die politische Verantwortung zu untersuchen und zu klären hat. Üblicherweise ist das in einer Demokratie so: die Regierung hat sich gegenüber dem Parlament politisch zu verantworten.
Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, haben im gegebenen Anlassfall bisher fast ausschließlich Ihre Beamten vorgeschickt. Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, betrauen auch jetzt den ranghöchsten Beamten des Landes mit der Leitung der Untersuchung. Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, verweigern damit dem Landtag die ihm verfassungs- und rechtmässig zustehende Kontrollfunktion der Regierung. Sie haben schon bei der Verankerung der UK in der Verfassung dafür gesorgt, dass eine UK praktisch nur über die politische Leiche Ihrer absoluten Mehrheit eingerichtet werden kann – und haben damit schon von Anbeginn an deklariert, was Sie davon halten: nichts.
Mit entwaffnender Offenheit ist damit auch dokumentiert, was Sie von parlamentarischer Kontrolle, von Opposition an sich halten, mehrfach untermauert durch Wortmeldungen Ihrerseits in der jüngeren Vergangenheit:
Wer als Oppositionspartei in diesem Haus seine Aufgabe ernst nimmt, wird von Ihnen bezichtigt, zuständige Regierungsmitglieder „anzuschütten“ und hart arbeitende MitarbeiterInnen in geprüften Einrichtungen „systematisch schlecht zu machen“.
Wer Kritik am System (der Pflege, der Jugendwohlfahrt...) übt, wird aufgefordert, die Fälle auf den Tisch zu legen.
Wer Einzelfälle auf den Tisch legt, dem wird „Schlechtmacherei“ vorgeworfen und bezichtigt, mit Einzelfällen „politisches Kleingeld“ wechseln zu wollen.
Wer, nachdem ein dreijähriges Kind unter besonders tragischen Umständen zu Tode gekommen ist, umfassende Aufklärung und Darlegung aller Fakten verlangt, dem wird das verweigert.
Bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit tragen Sie die Monstranz des Föderalismus spazieren und beschwören die Eigenständigkeit der Länder und die Wichtigkeit der Landtage. Heuer im Mai feiern Sie in einem ländlichen Staatsakt 150 Jahre Landtag. Will aber der Landtag einmal in aller Konsequenz wahrnehmen, wozu er auch gewählt wurde, nämlich die schonungs- und lückenlose Kontrolle der Regierung durch die Einsetzung einer UK, einmal in 150 Jahren!, verweigern Sie ihm dieses Recht mit einer Arroganz und Selbstgefälligkeit, an die ich mich als Oppositionspolitiker zwar schon gewöhnt habe, mit der ich mich aber als frei gewählter Mandatar – und Sie alle, meine Damen und Herren von der ÖVP, haben auch ein freies Mandat – niemals abfinden werde!
Sie verweigern uns eine UK. Sie haben uns, einmal mehr überstimmt. Bravo. Was Sie nicht begreifen wollen, meine Damen und Herren von der ÖVP, ist, dass Sie durch Ihr Verhalten als Anhängsel der Regierung dabei sind, sich selber abzuschaffen, weil Sie den Landtag zum Anbetungsverein der Landesregierung degradieren.
Die Verweigerung der Kontrolle ist beschämend. Die Selbstabschaffung durch Selbstaufgabe hingegen ist gespenstisch und beklemmend.
Aber nicht einmal das merken Sie.
PS: Andreas Dünser sieht die Selbstaufgabe des Landtages in seinem heutigen Kommentar in den VN genauso wie ich.
rauch - 3. Feb, 10:58
Krisenverursacher
Absolut lesenswert, deshalb in voller Länge ein Artikel aus der FT Deutschland:
Wie-die-Gier-die-Krise-machte (pdf, 159 KB)
Das Fatale ist ja: Alle reden davon, dass die Geschichte ausgestanden ist und jetzt wieder alles gut wird. Nur: wie soll gut werden, was nur notdürftig repariert ist und von seinen systemimmanenten Fehlern nicht befreit wurde?...
Wie-die-Gier-die-Krise-machte (pdf, 159 KB)
Das Fatale ist ja: Alle reden davon, dass die Geschichte ausgestanden ist und jetzt wieder alles gut wird. Nur: wie soll gut werden, was nur notdürftig repariert ist und von seinen systemimmanenten Fehlern nicht befreit wurde?...
rauch - 30. Jan, 19:49
Dioxin im Essen. Undsoweiter.
In Deutschland steht die Debatte wohl erst am Anfang, ausgehend vom "Dioxinskandal" (= dioxinverseuchtes Futtermittel). Und es ist eine Diskussion, die weit über die Landwirtschaft hinausgeht. Es ist ein Thema des KonsumentInnenschutzes. Der Art und Weise wie wir uns ernähren. Was wir bereit sind für Lebensmittel zu bezahlen. Unserer Haltung gegenüber Produktionsbedingungen in der Landwirtschaft.
Mein Vorstoß für ein "Bioland Vorarlberg" hat ungeahntes Echo ausgelöst. Vielen positiven Rückmeldungen standen auch einige geharnischte Attacken gegenüber, vor allem aus der Zentrale der Landwirtschaftskammer. "Bio könne man nicht verordnen und die Landwirtschaft lasse sich nicht vorschreiben, wie sie zu wirtschaften habe!" hieß es dort.
Von "verordnen" war nie die Rede, sondern von einer Zielvorstellung, einem zu gestaltenden Übergang. Getragen von der Überzeugung, dass die Vorarlberger Landwirtschaft mit "höher-schneller-weiter" den kürzeren ziehen wird, nicht mehr konkurrenzfähig sein wird.
Interessant ist, was im Zuge einer derartigen Debatte alles an Informationen an einen herangetragen wird:
- wie oft das Gras im Rheintal inzwischen gemäht wird und was das für den Boden bedeutet
- wie auf manchen Alpen mit Güllefass und Hochdruckpumpe um sich gespritzt wird, bis alles grasgrün ausschaut, aber kein Kraut mehr wächst
- wie unter dem Titel "landwirtschaftlicher Wegebau" mit Millionenförderungen Trassenverbreiterungen für Alpzufahrten gemacht wurden, damit LKW mit Kraftfutter zufahren können
- wie unmöglich es ist, in einem - vorgeblichen! - Biomusterland Vorarlberg für die Gastronomie den Eigenbedarf an Bio-Käse und Bio-Butter zu decken
- wie hoch der Medikamenteneinsatz in der Hochleistungszucht inzwischen ist
- wie die Enthornung von Rindern vor sich geht
70 Millionen Euro werden in Vorarlberg jährlich an Landwirtschaftsförderungen ausbezahlt, von den 1,1 Mrd EU-Geldern die von Brüssel nach Wien fließen gehen 70% in die Landwirtschaftsförderung.
Ich bleibe dabei: dieses Geld muss so eingesetzt werden, dass es Nutzen bringt und keine unerwünschten "Nebenwirkungen" produziert.
Fortsetzung der Debatte: Mittwoch dieser Woche, wenn es um die künftige Ausrichtung der Vorarlberger Landwirtschaft geht.
Mein Vorstoß für ein "Bioland Vorarlberg" hat ungeahntes Echo ausgelöst. Vielen positiven Rückmeldungen standen auch einige geharnischte Attacken gegenüber, vor allem aus der Zentrale der Landwirtschaftskammer. "Bio könne man nicht verordnen und die Landwirtschaft lasse sich nicht vorschreiben, wie sie zu wirtschaften habe!" hieß es dort.
Von "verordnen" war nie die Rede, sondern von einer Zielvorstellung, einem zu gestaltenden Übergang. Getragen von der Überzeugung, dass die Vorarlberger Landwirtschaft mit "höher-schneller-weiter" den kürzeren ziehen wird, nicht mehr konkurrenzfähig sein wird.
Interessant ist, was im Zuge einer derartigen Debatte alles an Informationen an einen herangetragen wird:
- wie oft das Gras im Rheintal inzwischen gemäht wird und was das für den Boden bedeutet
- wie auf manchen Alpen mit Güllefass und Hochdruckpumpe um sich gespritzt wird, bis alles grasgrün ausschaut, aber kein Kraut mehr wächst
- wie unter dem Titel "landwirtschaftlicher Wegebau" mit Millionenförderungen Trassenverbreiterungen für Alpzufahrten gemacht wurden, damit LKW mit Kraftfutter zufahren können
- wie unmöglich es ist, in einem - vorgeblichen! - Biomusterland Vorarlberg für die Gastronomie den Eigenbedarf an Bio-Käse und Bio-Butter zu decken
- wie hoch der Medikamenteneinsatz in der Hochleistungszucht inzwischen ist
- wie die Enthornung von Rindern vor sich geht
70 Millionen Euro werden in Vorarlberg jährlich an Landwirtschaftsförderungen ausbezahlt, von den 1,1 Mrd EU-Geldern die von Brüssel nach Wien fließen gehen 70% in die Landwirtschaftsförderung.
Ich bleibe dabei: dieses Geld muss so eingesetzt werden, dass es Nutzen bringt und keine unerwünschten "Nebenwirkungen" produziert.
Fortsetzung der Debatte: Mittwoch dieser Woche, wenn es um die künftige Ausrichtung der Vorarlberger Landwirtschaft geht.
rauch - 24. Jan, 14:17
Offener Brief
heute erhalten, zum Mitdenken hier veröffentlicht:
Dr. Michael Jonas
Facharzt für Innere Medizin
Rohrmahd 6
A 6850 Dornbirn
+43-(0)664-1421195
michael.jonas@cable.vol.at 16. Januar 2011
ergeht an:
• Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
z. H. BM Rudolf Hundstorfer (Aufsichtsbehörde der PVA)
• Pensionsversicherungsanstalt, Generaldirektion Wien
• Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Vorarlberg
• ÖVP, Vorarlberg
• SPÖ, Vorarlberg
• FPÖ, Vorarlberg
• Die Grünen, Vorarlberg
• Vorarlberger Nachrichten
z. H. Dr. Eugen Russ, Herausgeber
• Ärztekammer für Vorarlberg
Sehr geehrter Herr Bundesminister!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Ein dreijähriges Kind wurde gewaltsam getötet (Cain K. aus Bregenz).
Der 26jährige mutmaßliche Täter (Milosav M.) war Medienberichten zufolge bereits in der Vergangenheit gewalttätig; er bezieht eine befristete Invaliditätspension.
Die Öffentlichkeit ist über drei Fakten erschüttert:
1. den gewaltsamen Tod eines dreijährigen Kindes
2. das mögliche Versagen der zuständigen Behörden bzw. fehlende Präventionsmaßnahmen
3. die Tatsache, dass der Gewalttäter trotz seines jungen Alters eine Pension bezieht.
(Für manche ist auch die Tatsache von Bedeutung, dass der Täter serbischer Staatsbürger ist.)
Als Bürger, Vater und Arzt bin auch ich über dieses Verbrechen entsetzt. Ich habe großes Verständnis für die Emotionen, die der gewaltsame Tod eines dreijährigen Kindes auslöst.
Als Verantwortlicher des chefärztlichen Dienstes der PVA-Landesstelle in Vorarlberg bin ich allerdings darüber hinaus über die medialen Äußerungen verschiedener politischer Verantwortungsträger, die Berichterstattung in der auflagenstärksten Vorarlberger Tageszeitung und den Großteil der anonymen Beiträge in diversen Internetforen (bis zum Aufruf zur Lynchjustiz) tief betroffen und bestürzt. Vor allem da in diesem Zusammenhang wesentliche Institutionen (PVA), Gutachterärzte, Psychiater diskreditiert werden: Daniel Allgäuer, FPÖ-LAbg. und Obmann des Kontrollausschusses des Vorarlberger Landtages,:„.. Kein Mensch hat Verständnis dafür, wenn ein junger Mann in diesem Alter in Pension geschickt wird und man nicht versucht, ihn wieder in den Arbeitsprozess zu integrieren“, Dieter Egger; FPÖ-Obmann,: „Hier liegt offensichtlich ein markanter Systemfehler vor. Ich habe seit Bekanntwerden des Falles, mehrere Fälle auf den Tisch bekommen, in denen Personen aufgrund von Drogenabhängigkeit in Frührente geschickt wurden“, Michael Ritsch, SPÖ-Obmann,: „der Unmut und das Unverständnis der Bevölkerung über die Frühpensionierung von Milosav M. ist verständlich“; weshalb Ritsch vorschlägt, dass die für Invaliditätspensionen zuständige Pensionsversicherungsanstalt (PVA) die Fakten dieses Falles auf den Tisch legen soll.
In unserem Rechtsstaat steht jedem Bürger Rechtssicherheit zu - auch einem Straftäter. Aus ärztlicher Sicht ist die Schweigepflicht und der Datenschutz für medizinische Sachverhalte von höchster Bedeutung; Verstöße dagegen haben i. d. R. weitreichende juristische Konsequenzen.
Das öffentliche Interesse an jenen Umständen , die zu einer befristeten Invaliditätspensionierung von Milosvav M. geführt haben, ist nachvollziehbar.
Die Veröffentlichung von Teilen der ihn betreffenden medizinischen Gutachten in der auflagenstärksten Vorarlberger Tageszeitung widerspricht hingegen ganz entschieden den Grundsätzen ärztlicher Verschwiegenheit.
Die Veröffentlichung von Inhalten des Gutachtens in den ‚Vorarlberger Nachrichten’ am 14.1.2011 bleibt zwar aufgrund der Pressefreiheit vermutlich ohne rechtliche Konsequenz, ist aber mit journalistischer Verantwortung den Persönlichkeitsrechten von Bürgern und Bürgerinnen gegenüber – auch wenn es sich dabei um Straftäter handelt – nicht in Einklang zu bringen.
Die Weitergabe wesentlicher Inhalte des Gutachtens an die Presse durch wen auch immer kann nur als skandalös bezeichnet werden.
Das fehlende Gespür bei der Interpretation eines medizinischen Gutachtens durch den ehemaligen NR-Abg. und ÖVP-Sozialsprecher (und Nichtmediziner) Dr. Gottfried Feurstein im Umgang mit derart sensiblen Daten bedaure ich außerordentlich.
Der Hinweis auf den betreffenden Gutachter in diesem Verfahren („Psychiater aus Hohenems“, in Hohenems gibt es nur einen solchen Facharzt!) ist juristisch zu hinterfragen.
Ich habe Verständnis dafür, dass politische Verantwortungsträger über die Gründe, die zu einer Invaliditätspension eines Straftäters führen, informiert werden wollen. Ich wundere mich jedoch über Schlussfolgerungen und Mutmaßungen in entsprechenden öffentlichen Stellungnahmen, die geäußert werden, noch ehe sich diese ein objektives Bild vom tatsächlichen Sachverhalt gemacht haben können. Mit dem Anspruch an eine sachliche, sich an Fakten orientierende und verantwortungsbewusste Politik ist ein solches Vorgehen nicht zu vereinbaren. Es drängt sich vielmehr der Verdacht auf, dass damit einmal mehr unter der Bedienung üblicher Ressentiments politisches Kleingeld gewechselt werden soll.
Unverständlich ist für mich die bisherige Zurückhaltung der zuständigen Aufsichtsbehörde (Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), die der Öffentlichkeit präventiv sofort nach Bekanntwerden der Fakten eine Prüfung des Pensionsaktes zusagen müsste und der Presse auf der Basis gesetzlicher Grundlagen Rede und Antwort stehen sollte.
Ich hoffe im allgemeinen Interesse, dass der zur Diskussion stehende Pensionsakt von der Aufsichtsbehörde lückenlos und mit der nötigen juristischen Sorgfalt geprüft wird.
Damit das Vertrauen der Versicherten in die Sicherheit ihrer Daten nicht noch weiter erschüttert wird, müssen aber auch die Umstände der ungesetzlich erfolgten Weitergabe der medizinischen Daten dieses Falles an die Tagespresse lückenlos aufgeklärt werden.
Mit der Bitte um Kenntnisnahme und freundlichen Grüßen
Dr. Michael Jonas
Dr. Michael Jonas
Facharzt für Innere Medizin
Rohrmahd 6
A 6850 Dornbirn
+43-(0)664-1421195
michael.jonas@cable.vol.at 16. Januar 2011
ergeht an:
• Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
z. H. BM Rudolf Hundstorfer (Aufsichtsbehörde der PVA)
• Pensionsversicherungsanstalt, Generaldirektion Wien
• Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Vorarlberg
• ÖVP, Vorarlberg
• SPÖ, Vorarlberg
• FPÖ, Vorarlberg
• Die Grünen, Vorarlberg
• Vorarlberger Nachrichten
z. H. Dr. Eugen Russ, Herausgeber
• Ärztekammer für Vorarlberg
Sehr geehrter Herr Bundesminister!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Ein dreijähriges Kind wurde gewaltsam getötet (Cain K. aus Bregenz).
Der 26jährige mutmaßliche Täter (Milosav M.) war Medienberichten zufolge bereits in der Vergangenheit gewalttätig; er bezieht eine befristete Invaliditätspension.
Die Öffentlichkeit ist über drei Fakten erschüttert:
1. den gewaltsamen Tod eines dreijährigen Kindes
2. das mögliche Versagen der zuständigen Behörden bzw. fehlende Präventionsmaßnahmen
3. die Tatsache, dass der Gewalttäter trotz seines jungen Alters eine Pension bezieht.
(Für manche ist auch die Tatsache von Bedeutung, dass der Täter serbischer Staatsbürger ist.)
Als Bürger, Vater und Arzt bin auch ich über dieses Verbrechen entsetzt. Ich habe großes Verständnis für die Emotionen, die der gewaltsame Tod eines dreijährigen Kindes auslöst.
Als Verantwortlicher des chefärztlichen Dienstes der PVA-Landesstelle in Vorarlberg bin ich allerdings darüber hinaus über die medialen Äußerungen verschiedener politischer Verantwortungsträger, die Berichterstattung in der auflagenstärksten Vorarlberger Tageszeitung und den Großteil der anonymen Beiträge in diversen Internetforen (bis zum Aufruf zur Lynchjustiz) tief betroffen und bestürzt. Vor allem da in diesem Zusammenhang wesentliche Institutionen (PVA), Gutachterärzte, Psychiater diskreditiert werden: Daniel Allgäuer, FPÖ-LAbg. und Obmann des Kontrollausschusses des Vorarlberger Landtages,:„.. Kein Mensch hat Verständnis dafür, wenn ein junger Mann in diesem Alter in Pension geschickt wird und man nicht versucht, ihn wieder in den Arbeitsprozess zu integrieren“, Dieter Egger; FPÖ-Obmann,: „Hier liegt offensichtlich ein markanter Systemfehler vor. Ich habe seit Bekanntwerden des Falles, mehrere Fälle auf den Tisch bekommen, in denen Personen aufgrund von Drogenabhängigkeit in Frührente geschickt wurden“, Michael Ritsch, SPÖ-Obmann,: „der Unmut und das Unverständnis der Bevölkerung über die Frühpensionierung von Milosav M. ist verständlich“; weshalb Ritsch vorschlägt, dass die für Invaliditätspensionen zuständige Pensionsversicherungsanstalt (PVA) die Fakten dieses Falles auf den Tisch legen soll.
In unserem Rechtsstaat steht jedem Bürger Rechtssicherheit zu - auch einem Straftäter. Aus ärztlicher Sicht ist die Schweigepflicht und der Datenschutz für medizinische Sachverhalte von höchster Bedeutung; Verstöße dagegen haben i. d. R. weitreichende juristische Konsequenzen.
Das öffentliche Interesse an jenen Umständen , die zu einer befristeten Invaliditätspensionierung von Milosvav M. geführt haben, ist nachvollziehbar.
Die Veröffentlichung von Teilen der ihn betreffenden medizinischen Gutachten in der auflagenstärksten Vorarlberger Tageszeitung widerspricht hingegen ganz entschieden den Grundsätzen ärztlicher Verschwiegenheit.
Die Veröffentlichung von Inhalten des Gutachtens in den ‚Vorarlberger Nachrichten’ am 14.1.2011 bleibt zwar aufgrund der Pressefreiheit vermutlich ohne rechtliche Konsequenz, ist aber mit journalistischer Verantwortung den Persönlichkeitsrechten von Bürgern und Bürgerinnen gegenüber – auch wenn es sich dabei um Straftäter handelt – nicht in Einklang zu bringen.
Die Weitergabe wesentlicher Inhalte des Gutachtens an die Presse durch wen auch immer kann nur als skandalös bezeichnet werden.
Das fehlende Gespür bei der Interpretation eines medizinischen Gutachtens durch den ehemaligen NR-Abg. und ÖVP-Sozialsprecher (und Nichtmediziner) Dr. Gottfried Feurstein im Umgang mit derart sensiblen Daten bedaure ich außerordentlich.
Der Hinweis auf den betreffenden Gutachter in diesem Verfahren („Psychiater aus Hohenems“, in Hohenems gibt es nur einen solchen Facharzt!) ist juristisch zu hinterfragen.
Ich habe Verständnis dafür, dass politische Verantwortungsträger über die Gründe, die zu einer Invaliditätspension eines Straftäters führen, informiert werden wollen. Ich wundere mich jedoch über Schlussfolgerungen und Mutmaßungen in entsprechenden öffentlichen Stellungnahmen, die geäußert werden, noch ehe sich diese ein objektives Bild vom tatsächlichen Sachverhalt gemacht haben können. Mit dem Anspruch an eine sachliche, sich an Fakten orientierende und verantwortungsbewusste Politik ist ein solches Vorgehen nicht zu vereinbaren. Es drängt sich vielmehr der Verdacht auf, dass damit einmal mehr unter der Bedienung üblicher Ressentiments politisches Kleingeld gewechselt werden soll.
Unverständlich ist für mich die bisherige Zurückhaltung der zuständigen Aufsichtsbehörde (Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), die der Öffentlichkeit präventiv sofort nach Bekanntwerden der Fakten eine Prüfung des Pensionsaktes zusagen müsste und der Presse auf der Basis gesetzlicher Grundlagen Rede und Antwort stehen sollte.
Ich hoffe im allgemeinen Interesse, dass der zur Diskussion stehende Pensionsakt von der Aufsichtsbehörde lückenlos und mit der nötigen juristischen Sorgfalt geprüft wird.
Damit das Vertrauen der Versicherten in die Sicherheit ihrer Daten nicht noch weiter erschüttert wird, müssen aber auch die Umstände der ungesetzlich erfolgten Weitergabe der medizinischen Daten dieses Falles an die Tagespresse lückenlos aufgeklärt werden.
Mit der Bitte um Kenntnisnahme und freundlichen Grüßen
Dr. Michael Jonas
rauch - 17. Jan, 13:31