Datenschutz - aber wie?
Datenschutz ist in aller Munde. Aber wie kann und soll sinnvoller Datenschutz funktionieren? Ein Gastbeitrag von Julian Golderer
Sinnvolle Datenschutzbestimmungen für Webapplikationen
Den Mythos, dass sich ein Benutzer selbst aussuchen kann, auf welchen Webapplikationen im Internet er Mitglied werden möchte, möchte ich zunächst anhand zwei Argumenten widerlegen.
Die Realität sieht leider so aus, dass ein Benutzer die technischen Möglichkeiten zur wirtschaftlichen Rasterfahndung und subtilen personalisierten Werbung, sowie den Verkauf von per Data-Mining erstellten persönlichen Profilen, nicht mehr nachvollziehen kann. Die Komplexität der in sich greifenden technischen Werkzeuge ist nur noch für Experten nachvollziehbar.
Gleichzeitig finden große Teile der virtuellen Kommunikation nicht mehr wie früher über voneinander unabhängige und dezentrale Netze, wie Instant-Messaging oder Email, statt, sondern über eine zentralisierte Plattform mit kommerziellem Interesse. Weigert sich ein Benutzer dieser Plattform beizutreten, so droht ihm ein Verlust dieses sozialen oder beruflichen Kontakts.
Aus diesem Grund möchte ich im weiteren Text Vorschläge für sinnvolle Datenschutzgesetze erläutern.
Technische Einführung:
Die Speicherung des Browserfingerprints und der IP-Adresse bzw. dem Netz, aus welchem die Adresse eines Benutzer stammt, wird in vielen Fällen ermöglicht, einen Benutzer eindeutig zuzuordnen, bzw. sein Surfverhalten einer kleinen Gruppe von noch nicht eindeutig identifizierten Nutzern zuzuordnen.
Große Webapplikationsbetreiber wie Microsoft, Facebook oder Google können die Benutzer meist aufgrund eines bestehenden Accounts auf einem ihrer Systeme erkennen.
Beispiel Microsoft:
Windows fragt im Hintergrund auf den Microsoft-Servern häufig nach Updates. In Kombination mit einer eindeutigen Prüfsumme, generiert aus Hardware und Windows-Lizenz, die an Microsoft übermittelt werden und einem zusätzlichen Account beim MSN-Messenger, Windows-Live usw. kann Microsoft den Benutzer beim Surfen auf allen von ihnen betriebenen Seiten wiedererkennen.
Beispiel Facebook:
Facebook hat inzwischen über 400 Mio Accounts. User haben die Möglichkeit, ihr Adressbuch aus anderen Email-Diensten zu importieren. Diese Kontakte werden auch verwendet, damit neuen Benutzern mögliche Freunde vorgeschlagen werden.
Facebook bietet eine umfassende Programmierschnittstelle, um seine Funktionen in fremde Webseiten einzubinden. Dadurch, dass beim Aufruf solcher Seiten meist kleine Teile von den Facebook-Server nachgeladen werden, ist es auch möglich, nicht-Facebook-Benutzer über Browser-Fingerprint und IP zu verfolgen.
Notwendige gesetzliche Veränderungen:
* Expliziter Hinweis bei jedem Transfer, im Falle der Abgabe der Verwertungsrechte
* Gelöschte Daten dürfen nur eine gewisse Zeit für eine etwaige "Rückgängig"-Funktion vorgehalten werden. Auch ein zeitlicher Spielraum von 12 Stunden für ein "Flush" (das gleichzeitige Löschen aller zu diesem Zeitpunkt veralteten Daten) ist akzeptabel. Daten auf Backups dürfen von der Applikation im normalen Betrieb nicht verwendet werden.
* Ein Benutzer muss seinen Account rückstandsfrei löschen können.
* Informationen über das Surfverhalten (angeklickte Links, Bilder, ..) dürfen nicht personalisiert gespeichert werden. Zudem braucht es dennoch klare gesetzliche Rahmenbedingungen, selbst wenn ein Benutzer eine anonymisierte Aufzeichnung akzeptiert.
* Informationen über nicht angemeldete Surfer (IP, Browserfingerprint) dürfen nicht gespeichert werden.
* Keine persistente Speicherung des Browser-Fingerprints; innerhalb einer Session ist die Verwendung zur Erkennung von Session-Highjacking erklaubt.
* Persönliche Informationen dürfen nur nach richterlicher Anordnung bei schweren Straftaten den Behörden zugänglich gemacht werden.
* Single Sign-on-Dienste wie OpenID, Facebook-Connect oder Microsoft Passport müssen in eine eigenständige Organisation ausgelagert werden.
* Informationen zur Benutzeridentität (Browserfingerprint, IP, Profil) dürfen nicht willkürlich anderen Applikationen zur Verfügung gestellt werden, erst recht nicht, wenn der Benutzer dort keinen Account besitzt.
* Anmeldeinformationen zu Fremd-Applikationen dürfen nicht vorgehalten werden, sofern dies nicht von essentieller Bedeutung für die Hauptaufgabe der Applikation ist (Beispiel: bei der Email-Applikation GMX, welche weitere Mailboxen integriert, wäre dies in Ordnung, hingegen dürfte Facebook keine Anmelde-Informationen über Email-Zugänge des Benutzers speichern)
* Informationen über den Benutzer dürfen nicht an Fremdanbieter weitergegeben oder zugänglich gemacht werden.
* Benutzerdaten (beispielsweise einzelne Kontakte) müssen auch einzeln löschbar sein.
* Verbindungen müssen ab dem Login bei Applikationen mit besonders sensiblen/intimen Daten und bei Applikationen mit mehr als 1000 Benutzer vollständig (also auch eingebundene Bilder, Stylesheets, ..) verschlüsselt sein. Bei nicht gewinnorientierten Projekten ist vom Staat ein entsprechendes Verschlüsselungszertifikat (z.B. SSL) kostenlos auszustellen.
* Bei Applikationen ab 1000 Benutzer braucht es ein granulares Rechte-System, dass den Zugriff auf persönliche Daten auch für Administratoren unterer Ebene stufenweise beschränkt. Dies gilt besonders bei fremdfinanzierten Projekten gegenüber dem Investor. Für die Rechte-Erteilung ist die fachliche Kompetenz und das zugewiesene Tätigkeitsfeld, nicht aber die berufliche Position entscheidend.
* Inhalte von Fremdanbietern müssen über die Server der Applikation ausgeliefert werden, solange nicht mit technischen Mitteln garantiert werden kann, dass keine benutzerbezogenen Informationen übermittelt werden können (z.B. Browserfingerprint).
* Nutzer müssen jederzeit die Möglichkeit besitzen, die über sie gespeicherten Information einzusehen und deren Löschung einzufordern.
Nur wenn diese Bestimmungen auf europäischer Ebene eingeführt werden, wird es uns gelingen, einen qualitativen Datenschutz zu erreichen, der dem neuen Jahrtausend gerecht wird.
Sinnvolle Datenschutzbestimmungen für Webapplikationen
Den Mythos, dass sich ein Benutzer selbst aussuchen kann, auf welchen Webapplikationen im Internet er Mitglied werden möchte, möchte ich zunächst anhand zwei Argumenten widerlegen.
Die Realität sieht leider so aus, dass ein Benutzer die technischen Möglichkeiten zur wirtschaftlichen Rasterfahndung und subtilen personalisierten Werbung, sowie den Verkauf von per Data-Mining erstellten persönlichen Profilen, nicht mehr nachvollziehen kann. Die Komplexität der in sich greifenden technischen Werkzeuge ist nur noch für Experten nachvollziehbar.
Gleichzeitig finden große Teile der virtuellen Kommunikation nicht mehr wie früher über voneinander unabhängige und dezentrale Netze, wie Instant-Messaging oder Email, statt, sondern über eine zentralisierte Plattform mit kommerziellem Interesse. Weigert sich ein Benutzer dieser Plattform beizutreten, so droht ihm ein Verlust dieses sozialen oder beruflichen Kontakts.
Aus diesem Grund möchte ich im weiteren Text Vorschläge für sinnvolle Datenschutzgesetze erläutern.
Technische Einführung:
Die Speicherung des Browserfingerprints und der IP-Adresse bzw. dem Netz, aus welchem die Adresse eines Benutzer stammt, wird in vielen Fällen ermöglicht, einen Benutzer eindeutig zuzuordnen, bzw. sein Surfverhalten einer kleinen Gruppe von noch nicht eindeutig identifizierten Nutzern zuzuordnen.
Große Webapplikationsbetreiber wie Microsoft, Facebook oder Google können die Benutzer meist aufgrund eines bestehenden Accounts auf einem ihrer Systeme erkennen.
Beispiel Microsoft:
Windows fragt im Hintergrund auf den Microsoft-Servern häufig nach Updates. In Kombination mit einer eindeutigen Prüfsumme, generiert aus Hardware und Windows-Lizenz, die an Microsoft übermittelt werden und einem zusätzlichen Account beim MSN-Messenger, Windows-Live usw. kann Microsoft den Benutzer beim Surfen auf allen von ihnen betriebenen Seiten wiedererkennen.
Beispiel Facebook:
Facebook hat inzwischen über 400 Mio Accounts. User haben die Möglichkeit, ihr Adressbuch aus anderen Email-Diensten zu importieren. Diese Kontakte werden auch verwendet, damit neuen Benutzern mögliche Freunde vorgeschlagen werden.
Facebook bietet eine umfassende Programmierschnittstelle, um seine Funktionen in fremde Webseiten einzubinden. Dadurch, dass beim Aufruf solcher Seiten meist kleine Teile von den Facebook-Server nachgeladen werden, ist es auch möglich, nicht-Facebook-Benutzer über Browser-Fingerprint und IP zu verfolgen.
Notwendige gesetzliche Veränderungen:
* Expliziter Hinweis bei jedem Transfer, im Falle der Abgabe der Verwertungsrechte
* Gelöschte Daten dürfen nur eine gewisse Zeit für eine etwaige "Rückgängig"-Funktion vorgehalten werden. Auch ein zeitlicher Spielraum von 12 Stunden für ein "Flush" (das gleichzeitige Löschen aller zu diesem Zeitpunkt veralteten Daten) ist akzeptabel. Daten auf Backups dürfen von der Applikation im normalen Betrieb nicht verwendet werden.
* Ein Benutzer muss seinen Account rückstandsfrei löschen können.
* Informationen über das Surfverhalten (angeklickte Links, Bilder, ..) dürfen nicht personalisiert gespeichert werden. Zudem braucht es dennoch klare gesetzliche Rahmenbedingungen, selbst wenn ein Benutzer eine anonymisierte Aufzeichnung akzeptiert.
* Informationen über nicht angemeldete Surfer (IP, Browserfingerprint) dürfen nicht gespeichert werden.
* Keine persistente Speicherung des Browser-Fingerprints; innerhalb einer Session ist die Verwendung zur Erkennung von Session-Highjacking erklaubt.
* Persönliche Informationen dürfen nur nach richterlicher Anordnung bei schweren Straftaten den Behörden zugänglich gemacht werden.
* Single Sign-on-Dienste wie OpenID, Facebook-Connect oder Microsoft Passport müssen in eine eigenständige Organisation ausgelagert werden.
* Informationen zur Benutzeridentität (Browserfingerprint, IP, Profil) dürfen nicht willkürlich anderen Applikationen zur Verfügung gestellt werden, erst recht nicht, wenn der Benutzer dort keinen Account besitzt.
* Anmeldeinformationen zu Fremd-Applikationen dürfen nicht vorgehalten werden, sofern dies nicht von essentieller Bedeutung für die Hauptaufgabe der Applikation ist (Beispiel: bei der Email-Applikation GMX, welche weitere Mailboxen integriert, wäre dies in Ordnung, hingegen dürfte Facebook keine Anmelde-Informationen über Email-Zugänge des Benutzers speichern)
* Informationen über den Benutzer dürfen nicht an Fremdanbieter weitergegeben oder zugänglich gemacht werden.
* Benutzerdaten (beispielsweise einzelne Kontakte) müssen auch einzeln löschbar sein.
* Verbindungen müssen ab dem Login bei Applikationen mit besonders sensiblen/intimen Daten und bei Applikationen mit mehr als 1000 Benutzer vollständig (also auch eingebundene Bilder, Stylesheets, ..) verschlüsselt sein. Bei nicht gewinnorientierten Projekten ist vom Staat ein entsprechendes Verschlüsselungszertifikat (z.B. SSL) kostenlos auszustellen.
* Bei Applikationen ab 1000 Benutzer braucht es ein granulares Rechte-System, dass den Zugriff auf persönliche Daten auch für Administratoren unterer Ebene stufenweise beschränkt. Dies gilt besonders bei fremdfinanzierten Projekten gegenüber dem Investor. Für die Rechte-Erteilung ist die fachliche Kompetenz und das zugewiesene Tätigkeitsfeld, nicht aber die berufliche Position entscheidend.
* Inhalte von Fremdanbietern müssen über die Server der Applikation ausgeliefert werden, solange nicht mit technischen Mitteln garantiert werden kann, dass keine benutzerbezogenen Informationen übermittelt werden können (z.B. Browserfingerprint).
* Nutzer müssen jederzeit die Möglichkeit besitzen, die über sie gespeicherten Information einzusehen und deren Löschung einzufordern.
Nur wenn diese Bestimmungen auf europäischer Ebene eingeführt werden, wird es uns gelingen, einen qualitativen Datenschutz zu erreichen, der dem neuen Jahrtausend gerecht wird.
rauch - 14. Mär, 09:42
Mal angenommen...
...mal angenommen, in zehn Jahren wären in fast allen Ländern Europas Parteien vom Zuschnitt der FPÖ, der Blocher-Partei, der Wilders-Partei oder der Lega Nord nicht nur an der Regierung, weil bei vorangegangenen Wahlen stimmenstärkste Gruppe geworden, sondern bestimmend, weil Kanzler/Ministerpräsidenten stellend. (Dass es eine SIE sein wird, nehmen wir dann doch nicht an...)
Würden dann alle aus der EU austreten? (Bei Blocher stellt sich die Frage nicht)
Dürfte niemand mehr einwandern?
Müssten alle Muslime das Land verlassen?
Würde die Genfer Flüchtlingskonvention außer Kraft gesetzt?
Gäbe es für Ausländer, auch eingebürgerte, keine Sozialleistungen mehr oder nur gekürzte?
Würde Schwangerschaftsabbruch europaweit wieder unter Strafe gestellt?
Müssten ledige Frauen ohne Kinder höhere Steuern zahlen?
Kämen die verbliebenen Sinti und Roma in Lager?
Würde die Prügelstrafe wieder eingeführt und Umerziehungslager für schwierige Jugendliche?
Alles abgeschrieben aus den Programmen o.a. und ähnlicher Parteien in Europa. Beim Herumstöbern in diesen "Programmen" ist mir dann doch anders geworden, und zwar so, dass ich dieses Gedankenexperiment auf halbem Wege lieber wieder abbreche...
Den Boden für das Erstarken und die Radikalisierung der Rechten bereiten unter anderem auch Obszönitäten wie diese hier. - und die Tatsache, dass vor diesem Hintergrund eine Transparenzkonto- bzw. Sozialschmarotzerdebatte so absurd daherkommt, dass einem das sprichwörtliche Messer im Sack aufgeht.
Würden dann alle aus der EU austreten? (Bei Blocher stellt sich die Frage nicht)
Dürfte niemand mehr einwandern?
Müssten alle Muslime das Land verlassen?
Würde die Genfer Flüchtlingskonvention außer Kraft gesetzt?
Gäbe es für Ausländer, auch eingebürgerte, keine Sozialleistungen mehr oder nur gekürzte?
Würde Schwangerschaftsabbruch europaweit wieder unter Strafe gestellt?
Müssten ledige Frauen ohne Kinder höhere Steuern zahlen?
Kämen die verbliebenen Sinti und Roma in Lager?
Würde die Prügelstrafe wieder eingeführt und Umerziehungslager für schwierige Jugendliche?
Alles abgeschrieben aus den Programmen o.a. und ähnlicher Parteien in Europa. Beim Herumstöbern in diesen "Programmen" ist mir dann doch anders geworden, und zwar so, dass ich dieses Gedankenexperiment auf halbem Wege lieber wieder abbreche...
Den Boden für das Erstarken und die Radikalisierung der Rechten bereiten unter anderem auch Obszönitäten wie diese hier. - und die Tatsache, dass vor diesem Hintergrund eine Transparenzkonto- bzw. Sozialschmarotzerdebatte so absurd daherkommt, dass einem das sprichwörtliche Messer im Sack aufgeht.
rauch - 6. Mär, 22:28
Von der Ausländer- zur Islamdebatte
Versucht man, die "Ausländerdebatte" chronologisch nachzuvollziehen, fällt folgendes auf:
(ich rede von Vorarlberg; Österreich bzw. andere europäische Staaten unterscheiden sich hinsichtlich der betroffenen Nationalitäten Zugewanderter etwas)
1. Aufgrund des Arbeitskräftemangels Ende der 1960er-Jahre wurden aktiv so genannte Gastarbeiter angeworben, in Vorarlberg v.a. aus der Türkei und dem damaligen Jugoslawien. Türken und Jugos waren willkommen in der Textilindustrie und am Bau. Die "Tschuschen" wurden in den miserabelsten Wohnquartieren untergebracht und blieben unter sich.
2. Famliennachzug und wachsende Zahl von "Menschen mit Migrationshintergrund" in Kindergärten und Schulen werden von der FPÖ benützt, um Stimmung gegen Ausländer zu machen. "Ausländer raus, Österreich zuerst" lautet die Devise - und gipfelt im Ausländervolksbegehren.
3. Die steigende Zahl von Asylwerbern verlagert die Diskussion zu den "Asylanten", denen mehr oder weniger offen unterstellt wird, unter dem Schutzmantel der Flüchtlingskonvention ins Land zu strömen und das "System" zu mißbrauchen. Asylsuchende und MigrantInnen werden im selben Atemzug genannt, beide sind tendenziell "kriminell".
4. Die Terroranschläge vom 11. September führen dazu, dass der Islam ins Zentrum der Diskussion rückt. Ausländer sind dann besonders gefährlich, wenn sie Muslime sind, Islam wird immer und überall als fundamentalistich, radikal und terrorverdächtig dargestellt. Es geht nicht mehr um den Kampf gegen Ausländer, sondern um den Kampf gegen die Islamisierung (Europas).
So hat sich eine Gemengelage gebildet, wo
- längst eingebürgerte ehemalige Türken,
- Asylsuchende, die seit drei und mehr Jahren auf die Erledigung ihres Verfahrens warten,
- Drittgeneration-Jugendliche, die arbeitslos, ohne abgeschlossene Ausbildung und ohne ausreichende Sprachkenntnisse in der einen wie der andern Sprache herumhängen,
- "Kopftuchfrauen", islamische Glaubensgemeinschaften und deren Angehörige jedweder Ausprägung und Schattierung
in einen Topf geworfen und als "Bedrohung" identifiziert werden.
Differenzierung: unmöglich. Emotionen: überbordend.
Vor diesem Hintergrund eine Debatte zu führen über gezielte Zuwanderung, versäumte Integrationspolitik, glasklare Abgrenzung und Ausgrenzung radikaler und fundamentalistischer Minderheiten, eine Asylpolitik die längst auf die europäische Ebene gehört ist nahezu unmöglich.
Die "Ausländerdebatte" ist zur "Islamdebatte" geworden - und damit, im wahrsten Sinn des Wortes, zur Glaubensfrage. Glaubensfragen führen, lehrt die Geschichte, oft zu Glaubenskriegen.
Deshalb darf man nicht zulassen, dass die Rechten weiterhin alles und jedes auch nur in Ansätzen artverwandte Thema durch den Fleischwolf drehen und Würste für das Volk daraus produzieren - die sind nämlich nicht genießbar, sondern brandgefährlich, weil aus Dynamit.
(ich rede von Vorarlberg; Österreich bzw. andere europäische Staaten unterscheiden sich hinsichtlich der betroffenen Nationalitäten Zugewanderter etwas)
1. Aufgrund des Arbeitskräftemangels Ende der 1960er-Jahre wurden aktiv so genannte Gastarbeiter angeworben, in Vorarlberg v.a. aus der Türkei und dem damaligen Jugoslawien. Türken und Jugos waren willkommen in der Textilindustrie und am Bau. Die "Tschuschen" wurden in den miserabelsten Wohnquartieren untergebracht und blieben unter sich.
2. Famliennachzug und wachsende Zahl von "Menschen mit Migrationshintergrund" in Kindergärten und Schulen werden von der FPÖ benützt, um Stimmung gegen Ausländer zu machen. "Ausländer raus, Österreich zuerst" lautet die Devise - und gipfelt im Ausländervolksbegehren.
3. Die steigende Zahl von Asylwerbern verlagert die Diskussion zu den "Asylanten", denen mehr oder weniger offen unterstellt wird, unter dem Schutzmantel der Flüchtlingskonvention ins Land zu strömen und das "System" zu mißbrauchen. Asylsuchende und MigrantInnen werden im selben Atemzug genannt, beide sind tendenziell "kriminell".
4. Die Terroranschläge vom 11. September führen dazu, dass der Islam ins Zentrum der Diskussion rückt. Ausländer sind dann besonders gefährlich, wenn sie Muslime sind, Islam wird immer und überall als fundamentalistich, radikal und terrorverdächtig dargestellt. Es geht nicht mehr um den Kampf gegen Ausländer, sondern um den Kampf gegen die Islamisierung (Europas).
So hat sich eine Gemengelage gebildet, wo
- längst eingebürgerte ehemalige Türken,
- Asylsuchende, die seit drei und mehr Jahren auf die Erledigung ihres Verfahrens warten,
- Drittgeneration-Jugendliche, die arbeitslos, ohne abgeschlossene Ausbildung und ohne ausreichende Sprachkenntnisse in der einen wie der andern Sprache herumhängen,
- "Kopftuchfrauen", islamische Glaubensgemeinschaften und deren Angehörige jedweder Ausprägung und Schattierung
in einen Topf geworfen und als "Bedrohung" identifiziert werden.
Differenzierung: unmöglich. Emotionen: überbordend.
Vor diesem Hintergrund eine Debatte zu führen über gezielte Zuwanderung, versäumte Integrationspolitik, glasklare Abgrenzung und Ausgrenzung radikaler und fundamentalistischer Minderheiten, eine Asylpolitik die längst auf die europäische Ebene gehört ist nahezu unmöglich.
Die "Ausländerdebatte" ist zur "Islamdebatte" geworden - und damit, im wahrsten Sinn des Wortes, zur Glaubensfrage. Glaubensfragen führen, lehrt die Geschichte, oft zu Glaubenskriegen.
Deshalb darf man nicht zulassen, dass die Rechten weiterhin alles und jedes auch nur in Ansätzen artverwandte Thema durch den Fleischwolf drehen und Würste für das Volk daraus produzieren - die sind nämlich nicht genießbar, sondern brandgefährlich, weil aus Dynamit.
rauch - 4. Mär, 11:34
Transferkonto
Das ÖVP-Ablenkungsmanöver von der überfälligen Vermögenssteuerdebatte ist gelungen. Zwar heißt das "Transferkonto" jetzt nicht mehr so, sondern "Transparenzdatenbank". Ändern tut das an der Intention gar nichts: sozialstaatliche Leistungen sollen zurückgefahren werden. Will heißen: den Gürtel enger schnallen sollen jene, die ohnehin nix überflüssiges zum Beissen haben.
Das ist im Hinblick darauf, dass über die Milliardenhilfen für Banken, die sich im Casino verzockt haben schon wieder der Mantel des Stillschweigens gebreitet wurde unerträglich.
Um es an konkreten Zahlen am Beispiel Vorarlbergs festzumachen: die Gesamtaufwendungen im Sozialbudget belaufen sich auf rund 220 Millionen Euro. Die klassischen Sozialhilfeausgaben belaufen sich auf rund 16 Millionen Euro, also nicht einmal zehn Prozent. Der Rest sind Ausgaben für Pflegeheime, Jugendwohlfahrt, Behindertenhilfe undsoweiter. Die Zahlen lassen sich in etwa auf das Bundesbudget umlegen.
Beim Arbeitslosengeld ist Österreich im internationalen Vergleich beschämend unterwegs: die so genannte "Nettoersatzrate" beträgt bei uns 55% vom letzten Einkommen. EU-Durchschnitt: 70%.
Vor diesem Hintergrund die Kürzung von Sozialleistungen zu betreiben ist geradezu grotesk. Wenn schon Transferkonto, dann bitte die volle Transparenz über die Verwendung der staatlichen Bankenrettungsmilliarden - die von allen gerne genommen wurden, um jetzt schon wieder reichlich Dividenden auszuschütten und Gewinne zu schreiben.
Wieso - Frage nebenbei - kann eigentlich eine Bank in Konkurs gehen, ohne dass deren Gläubiger (andere Banken, Versicherungen, Fonds etc....) nicht einen Teil ihrer Forderungen abschreiben müssen? Bei jeder anderen Pleite ist das so, nicht bei Banken - da zahlt der Staat (sorry: die SteuerzahlerInnen) Länge mal Breite.
Als ich das unlängst in erlauchtem Kreise thematisiert habe, wurde mir auf der Stelle "öknomische Dummheit" attestiert.
Na dann simmt´s eh: es zahlen immer die Dummen....
Noch Fragen?
Das ist im Hinblick darauf, dass über die Milliardenhilfen für Banken, die sich im Casino verzockt haben schon wieder der Mantel des Stillschweigens gebreitet wurde unerträglich.
Um es an konkreten Zahlen am Beispiel Vorarlbergs festzumachen: die Gesamtaufwendungen im Sozialbudget belaufen sich auf rund 220 Millionen Euro. Die klassischen Sozialhilfeausgaben belaufen sich auf rund 16 Millionen Euro, also nicht einmal zehn Prozent. Der Rest sind Ausgaben für Pflegeheime, Jugendwohlfahrt, Behindertenhilfe undsoweiter. Die Zahlen lassen sich in etwa auf das Bundesbudget umlegen.
Beim Arbeitslosengeld ist Österreich im internationalen Vergleich beschämend unterwegs: die so genannte "Nettoersatzrate" beträgt bei uns 55% vom letzten Einkommen. EU-Durchschnitt: 70%.
Vor diesem Hintergrund die Kürzung von Sozialleistungen zu betreiben ist geradezu grotesk. Wenn schon Transferkonto, dann bitte die volle Transparenz über die Verwendung der staatlichen Bankenrettungsmilliarden - die von allen gerne genommen wurden, um jetzt schon wieder reichlich Dividenden auszuschütten und Gewinne zu schreiben.
Wieso - Frage nebenbei - kann eigentlich eine Bank in Konkurs gehen, ohne dass deren Gläubiger (andere Banken, Versicherungen, Fonds etc....) nicht einen Teil ihrer Forderungen abschreiben müssen? Bei jeder anderen Pleite ist das so, nicht bei Banken - da zahlt der Staat (sorry: die SteuerzahlerInnen) Länge mal Breite.
Als ich das unlängst in erlauchtem Kreise thematisiert habe, wurde mir auf der Stelle "öknomische Dummheit" attestiert.
Na dann simmt´s eh: es zahlen immer die Dummen....
Noch Fragen?
rauch - 3. Mär, 12:01
Präfschistische Zeiten
"Wir leben in Präfaschistischen Zeiten!" - sage nicht ich, sondern sagt Günther Rhomberg, seines Zeichens Präsident der Bregenzer Festspiele in der PRESSE:
Presse: Läuft das Theater in der Josefstadt gut? Um Franzobels „Moser“ gab es einen Wirbel. Wird das Stück den Abonnenten gefallen?
Rhomberg: Offenbar interessiert sich das Publikum für das Thema und die Zeit. „Jugend ohne Gott“ von Horváth hatte schlechte Kritiken und wird gestürmt. Die Josefstadt hat 20 Jahre keine Erstauf¬führungen und keine Auftragswerke gehabt. Ich finde das sehr gut, so ein Stück zu machen, in den präfaschistischen Zeiten, in denen wir leben.
Presse: Glauben Sie wirklich, dass wir in präfaschistischen Zeiten leben?
Rhomberg: Die Gefahr sehe ich absolut. Anpassung wird immer mehr Voraussetzung für alles. Standpunkte gibt es in der Politik immer weniger. Am besten, man macht eine Volksbefragung. Wenn das Volk was sagt, sollte man nicht dagegen sein. Menschen sind offensichtlich sehr schnell verführbar.
Presse: Läuft das Theater in der Josefstadt gut? Um Franzobels „Moser“ gab es einen Wirbel. Wird das Stück den Abonnenten gefallen?
Rhomberg: Offenbar interessiert sich das Publikum für das Thema und die Zeit. „Jugend ohne Gott“ von Horváth hatte schlechte Kritiken und wird gestürmt. Die Josefstadt hat 20 Jahre keine Erstauf¬führungen und keine Auftragswerke gehabt. Ich finde das sehr gut, so ein Stück zu machen, in den präfaschistischen Zeiten, in denen wir leben.
Presse: Glauben Sie wirklich, dass wir in präfaschistischen Zeiten leben?
Rhomberg: Die Gefahr sehe ich absolut. Anpassung wird immer mehr Voraussetzung für alles. Standpunkte gibt es in der Politik immer weniger. Am besten, man macht eine Volksbefragung. Wenn das Volk was sagt, sollte man nicht dagegen sein. Menschen sind offensichtlich sehr schnell verführbar.
rauch - 1. Mär, 17:33
Zivilcourage - es gibt sie noch
Heute früh, 4 Uhr Ortszeit: In Röthis soll eine Familie aus dem Kosovo abgeholt und abgeschoben werden. Engagierte Bürgerinnen und Bürger, die Wind davon bekommen haben, stellen sich - gemeinsam mit einem mutigen ÖVP-Bürgermeister - vehement dagegen und verhindern die Abschiebung.
(Berichte hier und hier
Der zuständige Landesrat hingegen spricht, obwohl die Familie gut integriert ist, Arbeitsplatzzusagen vorweisen kann und den Rückhalt der Gemeinde hat, von einem "tragischen" aber nicht vermeidbaren Fall. Er rührt keinen Finger, um der Familie zu einem humanitären Bleiberecht zu verhelfen, ihre einzige Chance, nach Abschluss der Verfahren.
Die FPÖ verbreitet ja das Märchen, durch die Praxis des humanitären Bleiberechtes würde Österreich (und Vorarlberg) geradezu überschwemmt von Asylsuchenden. Die Fakten:
Bis zum heutigen Tage wurden in Vorarlberg insgesamt 82 Anträge auf Erteilung humanitären Aufenthaltes gestellt.
Davon wurden 56 Anträge positiv entschieden,
10 negativ, 16 sind noch offen.
In 21 Fällen dieser 56 genehmigten Fälle wurde das humanitäre Aufenthaltsrecht beschränkt ausgesprochen, d.h. es ist an eine Arbeitsgenehmigung geknüpft, die vorliegen muss.
Die Vorgangsweise der Behörden (man kommt um 4 Uhr früh!) ist offenbar eine Reaktion auf die schon einmal erfolgreich verhinderte Abschiebung einer bestens integrierten Familie in Düns: auch dort hatte der Bürgermeister gemeinsam mit der Gemeinde verhindert, dass eine bestens im Dorf integrierte Familie abgeschoben wird.
Zivilcourage braucht das Land.
(Berichte hier und hier
Der zuständige Landesrat hingegen spricht, obwohl die Familie gut integriert ist, Arbeitsplatzzusagen vorweisen kann und den Rückhalt der Gemeinde hat, von einem "tragischen" aber nicht vermeidbaren Fall. Er rührt keinen Finger, um der Familie zu einem humanitären Bleiberecht zu verhelfen, ihre einzige Chance, nach Abschluss der Verfahren.
Die FPÖ verbreitet ja das Märchen, durch die Praxis des humanitären Bleiberechtes würde Österreich (und Vorarlberg) geradezu überschwemmt von Asylsuchenden. Die Fakten:
Bis zum heutigen Tage wurden in Vorarlberg insgesamt 82 Anträge auf Erteilung humanitären Aufenthaltes gestellt.
Davon wurden 56 Anträge positiv entschieden,
10 negativ, 16 sind noch offen.
In 21 Fällen dieser 56 genehmigten Fälle wurde das humanitäre Aufenthaltsrecht beschränkt ausgesprochen, d.h. es ist an eine Arbeitsgenehmigung geknüpft, die vorliegen muss.
Die Vorgangsweise der Behörden (man kommt um 4 Uhr früh!) ist offenbar eine Reaktion auf die schon einmal erfolgreich verhinderte Abschiebung einer bestens integrierten Familie in Düns: auch dort hatte der Bürgermeister gemeinsam mit der Gemeinde verhindert, dass eine bestens im Dorf integrierte Familie abgeschoben wird.
Zivilcourage braucht das Land.
rauch - 25. Feb, 12:24
Schwarzgeld bei uns? Nie im Leben!
Die Schweizer wollen nicht alleine als diejenigen dastehen, die unversteuertem Geld in Milliardenhöhe eine neue, sichere Heimat bieten. Also veranstaltete die Schweizer Zeitung BLICK einen Test. Und siehe da: man würde schon nehmen, täte man kriegen....
Weil BLICK ungefähr so seriös ist die die KRONE hierzulande, werden die Ergebnisse jetzt angezweifelt.
Zu ähnlichen Ergebnissen ist allerdings die ARD vor nicht allzu langer Zeit gekommen, dort sogar mit versteckter Kamera und Mikrofon dokumentiert. Das war dann etwas schwieriger zu widerlegen.
Faktum bleibt: 12 Milliarden Euro österreichisches Schwarzgeld liegen in der Schweiz. Viele Milliarden deutsches Schwarzgeld liegen in Österreich. Besonders viele internationale Milliarden liegen auf den wahren Inseln der Seligen: von den Caymans bis zu den Kanalinseln. Bevor nicht die Steueroasen geschlossen sind, wird sich immer ein sicheres Versteck finden.
Weil BLICK ungefähr so seriös ist die die KRONE hierzulande, werden die Ergebnisse jetzt angezweifelt.
Zu ähnlichen Ergebnissen ist allerdings die ARD vor nicht allzu langer Zeit gekommen, dort sogar mit versteckter Kamera und Mikrofon dokumentiert. Das war dann etwas schwieriger zu widerlegen.
Faktum bleibt: 12 Milliarden Euro österreichisches Schwarzgeld liegen in der Schweiz. Viele Milliarden deutsches Schwarzgeld liegen in Österreich. Besonders viele internationale Milliarden liegen auf den wahren Inseln der Seligen: von den Caymans bis zu den Kanalinseln. Bevor nicht die Steueroasen geschlossen sind, wird sich immer ein sicheres Versteck finden.
rauch - 22. Feb, 15:19
Schiiiiiiifoaaaahn.........
Wenn das Krankenhaus Bludenz an einem einzigen Tag 100 WintersportlerInnen mit Beinbrüchen oder Kreuzbandrissen zu behandeln hat, das Krankenhaus Feldkirch bis zu 7 Schwerverletzte pro Tag und das Krankenhaus Bregenz bis zu 40 Schipistenopfer zu behandlen hat, dann muss die Frage gestellt werden: sind jetzt die Straßen das "Schlachtfeld" oder doch eher die Schipisten?
Das Kuratorium für Verkehrssicherheit hat auf steirischen Schipisten Geschwindigkeitsmessungen vorgenommen. Ergebnis: an Kreuzungen (!) von Schipisten Spitzen bis 70 kmh, Durschnittsgeschwindigkeit allenthalben: 40 kmh.
Die Opfer im "freien Schigelände" sind eine weitere, traurige Kategorie: noch nie mussten so viele Tote geborgen werden wie heuer - fast immer verbunden mit Lebensgefahr für die Bergretter.
Die volkwirtschaftliche Rechnung dieses "touristischen Kollateralschadens" würde mich wirklich interessieren. Meiner Meinung nach sind die Grenzen der Nutzung der Alpen als Funsportarena längst überschritten.
Liftkapazitaeten-in-Vorarlberg (pdf, 25 KB)
Ich jedenfalls meide zweierlei: überfüllte Pisten und Lawinenhänge...

Das Kuratorium für Verkehrssicherheit hat auf steirischen Schipisten Geschwindigkeitsmessungen vorgenommen. Ergebnis: an Kreuzungen (!) von Schipisten Spitzen bis 70 kmh, Durschnittsgeschwindigkeit allenthalben: 40 kmh.
Die Opfer im "freien Schigelände" sind eine weitere, traurige Kategorie: noch nie mussten so viele Tote geborgen werden wie heuer - fast immer verbunden mit Lebensgefahr für die Bergretter.
Die volkwirtschaftliche Rechnung dieses "touristischen Kollateralschadens" würde mich wirklich interessieren. Meiner Meinung nach sind die Grenzen der Nutzung der Alpen als Funsportarena längst überschritten.
Liftkapazitaeten-in-Vorarlberg (pdf, 25 KB)
Ich jedenfalls meide zweierlei: überfüllte Pisten und Lawinenhänge...

rauch - 17. Feb, 11:26